Chinas "Map World": Konkurrenz für Google Earth?

China bdquoMap Worldldquo online
China bdquoMap Worldldquo online(c) Screenshot www.tianditu.cn
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Die chinesische Regierung will die 420 Millionen heimischer User mit möglichst kontrollierbaren Informationen versorgen. Seit vergangener Woche ist der Internet-Kartensuchdienst online.

Wolken in Form einer Weltkarte schweben auf tiefblauem Himmel über einer Berglandschaft mit großer Mauer: Willkommen auf der Homepage von „Map World“ (Tianditu)! Ist dies die chinesische Konkurrenz zu Google Maps und Google Earth? Seit vergangener Woche ist der Internet-Kartensuchdienst unter www.tianditu.cn online – um ihn zu benutzen, muss man Chinesisch können, eine englische Version gibt es nicht. Betreiber ist das staatliche Amt für Landvermessung und Kartierung.

Ein erster Ausflug auf die noch als „Testversion“ gekennzeichnete Webseite von Map World zeigt: Als Suchdienst für Adressen von Sehenswürdigkeiten, Krankenhäusern, Geschäften und Behörden in Chinas Städten und Dörfern funktioniert die Seite so schnell wie Google. Genauso leicht sind Informationen über die Entfernung zwischen Gebäuden oder Orten aufzurufen.

Die Satellitenbilder von Peking zeigen noch sommerlich belaubte Bäume. Wer Staats- und Parteichef Hu Jintao beim Spaziergang im Regierungsviertel oder den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo in seinem Gefängnishof sehen will, wird allerdings enttäuscht: So tief hinab darf Map World nicht zoomen, dass Menschen zu erkennen wären. Etwas langsamer bauen sich die Ansichten von Orten in den politisch heikleren Grenzregionen – etwa Lhasa in Tibet oder Kashgar in Xinjiang – auf. Schließlich sind aber auch hier die Gebäude und Plätze auszumachen. Militärisch wichtige Punkte bleiben verschwommen oder sind unkenntlich gemacht. Der Name Map World verspricht auch mehr, als die Website hält: Infos und Kartenmaterial von anderen Kontinenten sind dürftig oder fehlen, ebenso wie Satellitenbilder, die über die Grenzen hinausreichen.

Map World erscheint zu einer Zeit, in der die Pekinger Behörden große Anstrengungen unternehmen, die Informationen aus China zu regulieren. Sie wollen die 420 Millionen Internetnutzer mit möglichst kontrollierbarem Wissen versorgen. Im Mai schlossen sie die Webseite „Mondlicht-Forum“, weil dort Satellitenfotos von Militärbasen und Flugplätzen erschienen. In den vergangenen Jahren wurden hunderte Festnahmen wegen „illegaler Vermessung und kartografischer Datensammlung“ gemeldet.

Google Earth hat in China keine Lizenz beantragt. Sonst müsste die Firma ihre gesamten Daten auf Rechnern innerhalb Chinas speichern. Das ist kaum vorstellbar, nachdem Google sich heftig über chinesische Hackerangriffe auf wichtige Daten in ihren Computern beklagt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2010)

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