Enthüllungs-Konkurrenz für WikiLeaks

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Die Internetplattform „Openleaks“ mit Sitz in den Niederlanden geht diese Woche an den Start. Die Plattform will sich vor allem auf lokale und regionale Missstände konzentrieren und diese aufdecken.

Den Haag. Die Niederlande sollen die Heimat für eine neue Enthüllungsplattform, eine Abspaltung von WikiLeaks, werden. Voraussichtlich am heutigen Montag will der WikiLeaks-Mitbegründer Daniel Domscheit-Berg in den Niederlanden bei einem Provider eine neue Website starten. Ihr Name: Openleaks.org.

Domscheit-Berg hatte sich im Sommer mit WikiLeaks-Gründer Julian Assange überworfen.

„Anders als WikiLeaks werden wir uns auf Openleaks vor allem darauf konzentrieren, lokale und regionale Missstände aufzudecken“, kündigte Domscheit-Berg im „Algemeen Dagblad“ an. „Wir wollen Umwelt- oder Bestechungsskandale enthüllen, und wir wollen einen sehr direkten Draht zum Bürger haben.“

Außer in den Niederlanden sollen auch in anderen Staaten eher national und regional orientierte Openleaks-Seiten online gehen. „Wir stehen in der Tradition der Aufklärung, wir wollen die Menschen informieren und sie darauf hinweisen, wie die Welt wirklich funktioniert“, definiert Daniel Domscheit-Berg die Zielsetzung seines Projekts.

Bei Openleaks solle der Absender von Informationen selbst darüber bestimmen können, wer Einblick in die von ihm zur Verfügung gestellten Informationen erhalten soll, kündigte der Computerspezialist an. „Bei WikiLeaks entschied Julian Assange alleine darüber, was mit den Informationen geschieht.“

Enthüllungen über den Enthüller

Domscheit-Berg, der unter dem Pseudonym Daniel Schmitt über zwei Jahre als WikiLeaks-Sprecher tätig war, vermarktet nun seinen eigenen Ausstieg. Für Jänner ist sein Buch „Inside WikiLeaks: Meine Zeit bei der gefährlichsten Website der Welt“ im Programm eines deutschen Großverlags angekündigt.

Unterdessen wurde am Wochenende in den Niederlanden ein weiterer Hacker verhaftet, der an den Cyperspace-Angriffen auf die Webseiten der niederländischen Polizei und Generalstaatsanwaltschaft in der vergangenen Woche beteiligt gewesen sein soll.

Der 19-jährige Mann mit dem Spitznamen „Awinee“ hatte mit seinen Internetangriffen auf die Internetpräsenz der Behörden gegen die Verhaftung eines 16-Jährigen protestiert, der mit WikiLeaks sympathisierte.

Der 16-jährige Niederländer hatte sich an Hackerattacken gegen US-Konzerne wie Mastercard, Amazon und Visa beteiligt, weil diese ihre Geschäftsverbindungen mit WikiLeaks nach der Publikation von US-Geheimdokumenten abgebrochen hatten.

Am Wochenende demonstrierten tausende Menschen in mehreren Ländern für die Freilassung des inhaftierten Julian Assange. Die Festnahme des 39-Jährigen in London sei eine Verschwörung, um die Enthüllungsplattform mundtot zu machen, erklärten die Veranstalter einer Demonstration vor der britischen Botschaft in Madrid. Ähnliche Demonstrationen gab es in Assanges Heimat Australien sowie in mehreren Städten in Lateinamerika.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2010)

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