Kinderporno-Websperren: EU-Richtlinie soll entschärft werden

EUWebsperren Richtlinie soll entschaerft
EUWebsperren Richtlinie soll entschaerft(c) Presse Digital (Daniel Breuss)
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Eine überparteiliche Gruppe will Darstellungen von Kindesmissbrauch eher löschen lassen als den Zugang zu sperren. Bei Österreichs Meldestelle sind 2010 fast 950 Fälle registriert worden.

Offenbar gibt es doch keine so breite Front für den Vorschlag von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, Websites mit Darstellung von sexuellem Kindesmissbrauch zu blockieren. 342 Änderungsanträge wurden eingebracht, wobei 45 davon sich auf die für das Internet relevanten Passagen beziehen, berichtet Heise. Gegen den Willen der Kommission setzt sich außerdem eine überparteiliche Gruppe im EU-Parlament dafür ein, das Prinzip "Löschen statt Sperren" zu forcieren. Unter den "Dissidenten" ist auch eine ebenfalls aus Schweden stammende Parteikollegin von Kommissarin Malmström.

Löschung auch außerhalb der EU umsetzen

Die Unterstützer des Änderungspakets fordern, dass die bereits vorhandenen Kooperationen zwischen Providern und Beschwerdestellen verstärkt werden. Derzeit ist etwa der internationale Dachverband Inhope dafür verantwortlich, europaweit bei Providern Druck zu machen, um Inhalte auf ihren Servern, die Kindesmissbrauch darstellen, so rasch wie möglich zu entfernen. In Zukunft sollen auch Provider außerhalb der EU belangt werden können. Bisher hat sich das recht schwierig gestaltet. Der Großteil des im Web verbreiteten Materials soll auf Servern in den USA und Russland liegen.

Effektivität umstritten

Internet-Sperren sind defacto nur eine visuelle Blockade der betreffenden Websites. Die Inhalte bleiben weiterhin auf den Servern liegen und können von deren Besitzer unterdessen auch noch gesichert werden, solange der entsprechende Provider nicht einschreitet. Mit geringem technischem Wissen lassen sich die Sperren auch umgehen. Abgesehen davon gibt es Untersuchungen, denen zufolge die Täter sich weniger über Websites austauschen, als über Peer-2-Peer-Netze und Newsgroups. Dieser Vertriebskanal wäre durch die Sperren nicht betroffen. Unter anderem deswegen sprechen Kritiker der Sperren eher von einem "Feigenblatt" als von einer wirksamen Maßnahme zur Verhinderung von Kindesmissbrauch.

Mischlösung angedacht

Österreichs EU-Abgeordneter Ernst Strasser (ÖVP) stellt zwar auch die Löschung von Web-Inhalten mit Kindesmissbrauch in den Vordergrund. Sollte es dabei aber Probleme geben, ist er für die Blockade derartiger Seiten. Damit ist er auf einer ähnlichen Linie wie die konservativen Berichterstatterin Roberta Angelilli, die vorschlägt, während des Löschvorgangs bereits Sperren einzusetzen, um Zugang zu dem Material zu verhindern. Mehrere zivile Organisationen, darunter die Initiative European Digital Rights (EDRi) setzen sich unterdessen aber gegen jegliche Internet-Blockaden ein.

Websperren in Deutschland gescheitert

Das Thema "Websperren gegen Kinderpornos" ist nicht neu. In Deutschland hatte es mit dem "Zugangserschwerungsgesetz" bereits einen derartigen Vortstoß gegeben. Aufgrund heftiger Proteste wurde das bereits beschlossene Gesetz aber nicht durchgeführt. Die seitdem neu ins Amt gekommene Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will nun auf EU-Ebene ebenfalls gegen die Sperr-Vorschläge ankämpfen. Die österreichischen Regierungsparteien wiederum haben sich für Websperren ausgesprochen. Allerdings gibt es hierzulande noch keine derartigen Regelungen.

948 Fälle bei Meldestelle eingegangen

In Österreich ist mit Stopline eine Meldestelle für Websites mit Kindesmissbrauch und NS-Wiederbetätigung eingerichtet worden. Sie wird von den österreichischen Internet-Providern und deren Dachverband, der ISPA, sowie der Domain-Registry nic.at und Rat auf Draht unterstützt. Die europaweite Meldestelle Inhope ist ebenfalls ein Partner. 2010 gingen insgesamt 3260 Meldungen über Kinderporno-Websites ein, wovon sich 948 als zutreffend erwiesen. Im Jahr 2009 waren es 956 zutreffende Meldungen. Davon ist aber Österreich als Ursprungsland so gut wie nicht vorhanden, während der überwältigende Teil der Websites in den USA vermutet wird.

(db)

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