USA: Bisher unerreichte Web-Zensur droht

Bisher unerreichte WebZensur droht
Bisher unerreichte WebZensur droht(c) Presse Digital (Daniel Breuss)
  • Drucken

Der Entwurf zum "Stop Online Piracy Act" räumt Privatfirmen die Möglichkeit ein, Anzeigen wegen Urheberrechtsverletzungen zu verschicken. Das Justizministerium kann Provider dazu auffordern, Websites zu blockieren.

In den USA wird derzeit ein Gesetzesentwurf behandelt, der dem Land eine bisher nicht gekannte Internet-Zensur auferlegen könnte. Der Stop Online Piracy Act (SOPA) will dem Justizministerium, aber auch Privatunternehmen weit umfassende Möglichkeiten zur Blockade von illegal angebotenen urheberrechtlich geschützten Inhalten einräumen. Besonders brisant ist eine Passage, die Internet-Provider und Suchmaschinen verpflichtet, auf Zuruf den Zugriff auf angeblich illegale Inhalte zu blockieren. Diese Zensurmaßnahme muss innerhalb von fünf Tagen ab Erhalt des Bescheids durchgeführt werden. Andernfalls drohen ihnen Klagen.

USA vom Rest der Welt abschirmen

Das Gesetz zielt damit vor allem auf Websites ab, die sich außerhalb der USA befinden und deren Betreiber durch die Behörden damit nur schwer greifbar sind. Der Entwurf erkennt die Tatsache an, dass viele US-Webnutzer sich über ausländische Portale mit widerrechtlich angebotener Musik, Filmen oder Spielen eindecken. SOPA soll dem nicht nur sprichwörtlich einen Riegel vorschieben. In die Pflicht genommen werden auch Zahlungsanbieter und Anzeigenverkäufer, die mit derartigen Websites Verbindungen haben.

Unternehmen dürfen Anzeigen verschicken

Enorm problematisch erscheint 103 des Entwurftextes. Darin wird auch den Rechteinhabern selbst die Möglichkeit eingeräumt, Blockadebescheide an Zahlungsdienstleister und Anzeigenfirmen zu schicken. auch hier gilt eine Frist von fünf Tagen. Im SOPA-Text nennt sich das "Marktbasiertes System zum Schutz von US-Kunden und der Verhinderung von Finanzierung von Websites, die sich Diebstahl von US-Eigentum verschrieben haben". Die Blockade kann dann nur durch eine Gegenanzeige der beschuldigten Website verhindert werden.

Einfache Nutzer bedroht

Ob es aber etwa Firmen wie Visa oder Paypal schaffen, innerhalb von fünf Tagen solche Aufforderungen zu bearbeiten, die entsprechenden Website-Betreiber zu kontaktieren und von diesen eine Gegenanzeige zu erhalten, ist fraglich. Das Ergebnis wird sein, dass Website-Betreiber es sich noch genauer überlegen müssen, welche Inhalte sie auf ihren Angeboten zur Verfügung stellen. Nimmt man den Gesetzestext wörtlich, könnte auch jemand, der auf Facebook ein Video von sich selbst beim Singen seines Lieblingslieds veröffentlicht, eine Strafe wegen Urheberrechtsverletzung drohen, warnen Kritiker.

Protestaktion gegen Entwurf

Aus Protest gegen den Gesetzesentwurf haben mehrere Bürgerrechtsbewegungen, darunter die Electronic Frontier Foundation (EFF) und die Free Software Foundation für Mittwoch, den 16. November den American Censorship Day ausgerufen. An diesem Tag soll das Gesetz im Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses behandelt werden. Die Organisationen sehen die Innovationskraft des Web durch den Entwurf gefährdet und fordern, dass weiterhin nach den bekannten und akzeptierten Regeln des Digital Millennium Copyright Act (DMCA) verfahren wird. "Dieses Gesetz kann nicht repariert werden. Es muss umgebracht werden", fordert die EFF. Website-Betreiber werden aufgerufen, an einem "Internetweiten Protesttag" teilzunehmen. Ob die Abgeordneten sich davon beeindruckt zeigen, wird sich erst zeigen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.