Hulu bis iTunes: legal und erfolgreich

Der Musikindustrie gehen die Gründe zum Jammern aus. Im Fahrwasser von iTunes hat sich ein lebhafter und legaler Onlinehandel mit Musik und Videos entwickelt.

Der Aufstieg des Internets mag alte Geschäftsmodelle zerstört haben. Aber nach dem ersten (ungerechtfertigten) Hype rund ums Netz (Stichwort: Dot-Com-Bubble) setzen sich einige legale Angebote auch im Unterhaltungsbereich durch – und verdienen gutes Geld mit dem Verkauf von Musik und Filmen im Netz.

Beispiel iTunes: Apples Musikdienst ist wahrscheinlich die größte digitale Erfolgsgeschichte, wenn es um Musik und Videos im Netz geht. Während die Musikindustrie noch damit beschäftigt war, Tauschbörsen wie Napster aus dem Netz zu klagen und immer schärfere Gesetze gegen Piraterie zu erwirken, arbeitete Apple an einer Software, die das legale Herunterladen von Musik so einfach wie möglich machen sollte.

Seit 2003 verkaufte Apple mehr als 16 Milliarden Songs via iTunes. Heute kann man auch unzählige Universitäts-kurse sowie Filme, Serien, Spiele und Bücher herunterladen – und Apple verzichtet inzwischen großzügig auf einen Kopierschutz bei Musik. Microsoft versucht mit seiner X-Box an den Erfolg von iTunes anzuschließen. Auch die Internetriesen Amazon und Google sind inzwischen in das digitale Musikgeschäft eingestiegen.

Das brachte eine Trendwende, die inzwischen auch die Plattenindustrie sieht: Während das CD-Geschäft 2011 nur noch um drei Prozent schrumpfte, wuchs das digitale Musikgeschäft um acht Prozent – und macht mit 5,2 Milliarden Dollar ein Drittel des Gesamtmarkts aus. Auch am Videosektor setzen sich allmählich legale Alternativen gegen die Piraterie durch. So bietet der Videodienst Hulu populäre TV-Serien und finanziert sich durch Werbung – ganz wie das gute alte Privatfernsehen.

Wer keine US-amerikanische IP-Adresse hat, schaut bei Hulu aber keine Videos sondern durch die Finger: „Es tut uns leid. Unsere Videobibliothek kann derzeit nur in den USA angeboten werden.“ Der Video-on-Demand-Dienst ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Rupert Murdochs News Corporation und NBC Universal. Inzwischen sind Microsoft, Yahoo und Google an einem Kauf von Hulu interessiert.

Streamingerfolg. Eine Alternative zum digitalen Kauf von Musik sind sogenannte Streamingdienste wie das im Herbst in Österreich gestartete Spotify, Simfy oder Grooveshark. Hier reicht die Verbindung zum Internet, um legal und kostenlos Musik hören zu können.

Die Lieder landen per Stream auf jedem erdenklichen Endgerät – sofern dieses online ist. Geld verdienen die Anbieter meist durch Werbeunterbrechungen. Wer beim Musikhören nicht durch Werbung gestört werden will, muss eine zusätzliche Gebühr bezahlen. Bei Spotify ist etwa jeder fünfte Kunde bereit, Geld hinzulegen. Derzeit soll der Dienst 2,5 Millionen zahlende Kunden haben.

Doch die Streaming-Anbieter sind auf die Unterstützung der großen Labels angewiesen. Und manchmal werden sie von denen wie Piraten behandelt: Grooveshark kämpft derzeit etwa mit einer Urheberrechtsklage von Universal Music über 1,5 Mrd. US-Dollar, weil der Dienst auch Musikstücke mit unklarer Herkunft im Repertoire hatte. Auch Warner und Sony haben sich der Klage mittlerweile angeschlossen.

Rund 200 kleine Independent-Labels haben unterdessen angedroht, Spotify wieder den Rücken zu kehren. Ihre Einkünfte über diese Erlösquelle bewegen sich Schätzungen zufolge bei einem Zehntel Cent je „Ausstrahlung“. Wirklich reich werden mit Streaming-Diensten also bestenfalls Blockbuster wie Lady Gaga. Im Gegenzug soll Spotify nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens NPD Group die Lust nach konventionell gekaufter Musik um ein Drittel hemmen.

Der Harvardprofessor Felix Oberholzer-Gee verstörte die Musikindustrie hingegen schon vor Jahren mit einer Studie, derzufolge der Download einzelner Songs überhaupt keinen Einfluss auf den kommerziellen Erfolg klassischer Tonträger hat.

Die Musikindustrie kontert solche Argumente gewöhnlich mit der sogenannten Tera-Studie, die im Auftrag der Bascap, einer Abteilung der Internationalen Handelskammer, erstellt wurde. Demnach bescheren die Internetpiraten Europas Film- und Musikindustrie zwischen 2008 und 2015 rund 240 Mrd. Euro an Umsatzeinbußen. Die zusätzlichen Einnahmen durch neuer Vertriebskanäle wie iTunes sind da freilich nicht eingerechnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2012)

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