Countdown zur »Erschütterung Österreichs«

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Die Hacker Anonymous Austria drohen wegen der Vorratsdaten mit brisanten Veröffentlichungen aus Politik und Exekutive, die „Österreich erschüttern“ sollen. Aber auch auf rechtlicher Ebene wird gekämpft.

Am Sonntag soll es so weit sein. Dann will die Gruppe Anonymous Austria Informationen veröffentlichen, die „Österreich erschüttern“ sollen. Um gegen die Vorratsdatenspeicherung zu protestieren, die mit 1. April in Österreich in Kraft tritt, sollen brisante Daten aus Politik und Exekutive veröffentlicht werden. Dass diese Drohung nicht unbedingt eine leere ist, hat das Kollektiv bereits bewiesen. Im Sommer 2011 wurden mehrere Partei-Websites geknackt, auch die Kundendatenbank von UPC sowie eine Datenbank mit aktiven und ehemaligen Polizisten fiel in die Hände der Hacker.

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Anonymous Austria erklärte, der Korruptionsuntersuchungsauschuss hätte bis dato „nur die Spitze des Eisbergs“ angekratzt. Mehrere E-Mails sollen veröffentlicht werden, die Gruppe will auch Provider („besonders die Telekom“) ausspioniert haben, um deren Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung zu testen. Die Betreiber sind für die sichere Verwahrung der Daten verantwortlich.
Schaffen sie das nicht, drohen Verwaltungsstrafen. Auch soll das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gezielt gegen regierungskritische Journalisten ermittelt haben. Ob all das stimmt, wird sich im Lauf des Tages zeigen. Die Truppe will „über Monate hinweg“ eine „eigene Vorratsdatenspeicherung“ durchgeführt haben.

Auf einer eigens eingerichteten Website wird ein Countdown für die „Operation Pitdog“ heruntergezählt. Im Hintergrund der Seite dröhnt ein Remix des Rock-Klassikers „The Final Countdown“ der 1980er-Band Europe. „Consequences will never be the same“, steht kryptisch unter einem Verweis auf das Twitter-Konto @AnonAustria. Welche Konsequenzen das sein sollen, ist bis dato unbekannt. Es wird gemunkelt, dass es sich auch um einen Aprilscherz handeln könnte. Allerdings hat Anonymous Austria bisher immer alle Drohungen wahrgemacht.

Aber auch auf rechtlicher Ebene wird gegen die Vorratsdaten gekämpft. So wird die Kärntner Landesregierung eine Klage beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einbringen, auch eine Initiative von Bürgern will sich an das Höchstgericht wenden. Über die Erfolgsaussichten sind Experten geteilter Meinung: „Ja, der VfGH könnte entscheiden, dass die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung der Verfassung widerspricht“, meint Experte Wolfram Proksch von PFR Rechtsanwälte. So könnte der VfGH einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich verbriefte Fernmeldegeheimnis orten, meint Proksch im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Rechtsprofessor Bernd-Christian Funk sieht hingegen nur „schwache Chancen, dass der VfGH die Vorratsdatenspeicherung aufhebt“. Diese sei in Österreich bloß „minimalistisch“ umgesetzt (sechs Monate Speicherung, Herausgabe nur bei schweren Delikten und nach richterlicher Genehmigung).

Erfolgreiche Klagen. Die konkrete Umsetzung der EU-Richtlinie obliegt den Staaten. In Rumänien, Deutschland, Tschechien haben die Höchstgerichte bereits die Vorratsdatenspeicherung gekippt. In solchen Fällen drängt die EU-Kommission darauf, dass die Länder neue, verfassungskonforme Gesetze erlassen. Länder, die die Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzen wollen, müssen mit Geldbußen rechnen. Endgültig kippen könnte die Vorratsdatenspeicherung nur der EU-Gerichtshof, wenn er sie für grundrechtswidrig hält (diese Frage könnte nach einer irischen Gerichtsvorlage bald geklärt werden). Oder die EU beschließt politisch, die Speicherung fallen zu lassen

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