CISPA: US-Firmen dürfen bald private E-Mails lesen

Private E-Mails schreiben könnte bald weitreichende Konsequenzen haben.
Private E-Mails schreiben könnte bald weitreichende Konsequenzen haben.(c) bilderbox (Erwin Wodicka - Wodicka@aon.at)
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Mehrere Bürgerrechtsbewegungen warnen vor den Auswirkungen des neuen "Cybersicherheits"-Gesetzesentwurfs. Facebook unterstützt CISPA, sehr zum Unmut zahlreicher Nutzer.

Mehrere US-Bürgerrechtsbewegungen haben eine Protestwoche gegen einen Gesetzesentwurf gestartet, der Unternehmen Zugriff auf sensible Daten ermöglichen würde. Der Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA), der unter anderem vorsieht, dass Geheimdienstinformationen an Firmen weitergegeben werden, wenn es in deren Interesse ist, und umgekehrt, soll mit den Protesten verhindert werden. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) und die American Civil Liberties Union (ACLU), beide ausgesprochene Verfechter des freien Internet, haben entsprechende Informationskampagnen gestartet.

Noch ist das Gesetz in der Begutachtungsphase. Die Bürgerrechtler hoffen, es zu stoppen, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Eine entsprechende Online-Petition wurde bereits von mehr als 670.000 Menschen unterzeichnet. 36 Organisationen haben in einem offenen Brief die Abgeordneten aufgerufen, gegen CISPA zu stimmen.

"Cyber-Bedrohung" nicht eingegrenzt

Die schwammigen Formulierungen des Gesetzestextes würden Missbrauch Tür und Tor öffnen, erläutert die EFF in einer ausführlichen FAQ. Darin wird auch die Befürchtung geäußert, dass CISPA es Firmen ermöglichen würde, private E-Mails oder Facebook-Nachrichten zu durchforsten. Grund dafür sei die sehr weite Definition des Begriffs "Cybersecurity Threat Information". Darunter könnten bisher unbedenkliche Aktivitäten fallen. Firmen hätten mit dem neuen Gesetz das Recht "zum Schutz ihrer Rechte" derartige Informationen zu überwachen. EFF und ACLU warnen vor einer Welle an "Cyber-Spionen", die durch das Gesetz ermöglicht werden würden.

Kein reines US-Problem

Das Probleme ist nicht alleine auf die USA beschränkt, auch wenn es sich bei CISPA nur um ein US-Gesetz handelt. Da etliche Anbieter von Online-Diensten in den Vereinigten Staaten sitzen, würden sie und alle Daten auf ihren Servern, in den Einzugsbereich des Gesetzes fallen. Ein Österreich, der etwa Informationen bei Facebook gespeichert hat, könnte genauso ausspioniert werden wie ein US-Bürger - und würde es wohl nicht einmal mitbekommen. Schon jetzt wird vielen Firmen untersagt, ihre Nutzer zu informieren, wenn Behörden deren Daten herausverlangen.

Immunität für Missbrauch

Nutzer hätten bei CISPA auch keine Handhabe, wenn besagte Firmen diese Daten an Regierungsbehörden oder andere Institutionen weitergeben würden. Es gebe nahezu keine Chance für Betroffene, ein Unternehmen zu klagen, wenn es Daten weitergeben würde, kritisieren die Bürgerrechtler. Sie fordern dazu auf, dass US-Bürger sich bei ihren Abgeordneten melden und diese zum Stopp von CISPA animieren.

Facebook für CISPA: Nutzer toben

Zu den Unterstützern des umstrittenen Entwurfs zählt neben Microsoft, Boeing, IBM und Intel auch niemand geringerer als Facebook - ein nahezu unbegrenzter Quell an privaten Informationen. In einer "Nachricht ans Volk" versucht Manager Joel Kaplan die Nutzer zu beruhigen. Facebook habe nicht die Absicht, private Nutzerdaten an die US-Regierung weiterzugeben, heißt es in dem Eintrag. Dennoch würde CISPA genau das legal machen und Facebook und andere Firmen auch noch vor rechtlichen Konsequenzen schützen. Die Reaktionen der Nutzer darunter fallen eindeutig negativ aus. "Für wie blöd haltet ihr uns", fragt ein Nutzer. Andere formulieren ihre Kritik drastischer. "Fahrt zur Hölle" ist noch eine der harmloseren Profanitäten.

Google-Gründer sieht Web in Gefahr

Schon vor wenigen Monaten hatten die Gesetzesentwürfe SOPA und PIPA für ähnliche Proteste gesorgt. Nach etlichen Beschwerden wurden die Vorhaben auf Eis gelegt. Es war aber abzusehen, dass derartige Versuche, das relativ freie Gefüge des Internet einzugrenzen, erneut irgendwann auftauchen würden. Unter anderem deswegen hatte Google-Gründer Sergey Brin gewarnt, dass das Web derzeit in größerer Gefahr schwebe als je zuvor. Die Proteste fallen derzeit auch deutlich geringer aus als zu Zeiten von SOPA. Das liegt unter anderem daran, dass Schwergewichte wie Facebook hinter dem Entwurf stehen.

(db)

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