Justiz- und Innenministerium liegen im Clinch darüber, wie die Überwachungsmaßnahme umzusetzen ist. Die EU droht Deutschland mit einer Klage vor dem EuGH, wenn die Richtlinie nicht umgesetzt wird.
Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich hat einen Gesetzentwurf des Justizministeriums zur Vorratsdatenspeicherung abgeschmettert. Damit hat der seit Monaten schwelende Streit zwischen dem CSU-Politiker Friedrich und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die Speicherung von Kommunikationsdaten zur Verbrechensbekämpfung eine neue Stufe erreicht. Der vom Justizministerium in die Ressortabstimmung gegebene Entwurf werde weder den Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie noch den Erfordernissen der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden gerecht, erklärte ein Sprecher Friedrichs am Dienstag in Berlin. Auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtige der Entwurf nur in Teilen.
Die EU-Kommission hatte Deutschland aufgefordert, eine EU-konforme Regelung für die Vorratsdatenspeicherung in die Wege zu leiten. Dafür hatte sie Deutschland im März eine letzte vierwöchige Frist gesetzt. Andernfalls will die Kommission gegen die Bundesrepublik eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anstrengen.
Im März 2010 hatte das deutsche Bundesverfassungsgericht die bis dahin gültige sechsmonatige Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon, Handy und Internet gekippt. Seither streitet die schwarz-gelbe Koalition erbittert über eine Neuregelung. Selbst Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich ein und pochte auf eine rasche Verständigung zwischen Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger.
"Quick Freeze" statt Vorratsdaten
Die EU-Richtlinie sieht eine Speicherung für mindestens sechs Monate vor. Entsprechende Änderungswünsche erhob nun das Innenministerium. Leutheusser-Schnarrenberger aber lehnte bisher eine Datensammlung ohne vorherigen Verdacht ab. Sie plädiert stattdessen für einen sogenannten "Quick Freeze", bei dem die Daten erst im Verdachtsfall eingefroren werden sollen. Ermittler bemängeln wiederum, dass es dann in vielen Fällen zu spät sei, weil die betreffenden Daten ohne Speicherfrist bereits gelöscht seien.
Die EU-Kommission betreibt nach Angaben der deutschen Regierung derzeit 74 Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Zum Teil drohen dabei Bußgelder.
(Ag.)