EU-Politiker: "ACTA ist tot"

EU-Parlamentarierin:
EU-Parlamentarierin: "ACTA ist tot"(c) REUTERS (Lisi Niesner)
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Die SPÖ-Mandatarin Evelyn Regner erklärte, der umstrittene Vertrag sei am Ende. Auch Kommissarin Kroes sieht ihn gescheitert. Eine Abgabe auf Internetanschlüsse statt Festplatten wird angedacht.

Ein modernes Urheberrecht, das digitalen Ansprüchen genügt, neue Formen von Partizipation sowie die Zusammenführung von nationalstaatlicher wie europäischer Ebene angesichts netzpolitischer Herausforderungen: Bei der heute, Freitag, startenden Tagung "Das Recht auf Wissen" nehmen sich SPÖ, SPD und Vertreter der Sozialdemokraten im EU-Parlament (S&D) eines breiten, aber brandaktuellen Themenkomplexes an. Schließlich habe die kontrovers geführte Diskussion um das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA gezeigt, "dass das Thema Internet nicht nur junge und netzaffine Menschen betrifft, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist", wie SPÖ-Kultursprecherin Sonja Ablinger bei einer Pressekonferenz betonte.

Gemeinsam mit Lars Klingenbeil, dem netzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sowie der SPÖ-Europamandatarin Evelyn Regner stellte sie am heutigen Vormittag drei Eckpunkte für eine progressive Netzpolitik vor. Dabei sollen einerseits das Urheberrecht und neue Nutzungspraktiken versöhnt, andererseits die Position des Urhebers durch ein Urhebervertragsrecht gestärkt und schließlich verwaiste Werke zugänglich gemacht werden. "Es gilt, die Chancen der Digitalisierung zu nützen", so Ablinger.

Abgaben auf Internet statt auf Festplatte

Besonders angesichts der laufenden Urheberrechtsdiskussion müsse man an einem "Interessensausgleich zwischen Nutzern, Kreativen und Verwertern respektive Investoren" interessiert sein und wieder Balance in die "in Schieflage" geratene Debatte bringen. "Wir wollen das Urheberrechts keinesfalls abschaffen, aber die gegenwärtigen Regelungen spiegeln nicht die Möglichkeiten des Netzes wieder", betonte die Kultursprecherin. Skeptisch äußerte sie sich hingegen zu der von Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) vor kurzem aufs Tapet gebrachten Abgabe auf Festplatten. "Es stellt sich die Frage, ob Abgaben auf Internetanschlüsse nicht sinnvoller wären."

ACTA nicht demokratisch legitimiert

Zum Thema verwaiste Werke stellte Regner noch für dieses Jahr erste Ergebnisse auf europäischer Ebene in Aussicht. "Wir sind da sehr konkret unterwegs, aktuell gibt es Verhandlungen mit dem EU-Rat." Man müsse diesbezüglich "praktikable Lösungen" finden und auch die gesetzgeberischen Möglichkeiten auf nationaler Ebene nutzen - stets unter der Bedingung einer breiten Diskussion. Denn gerade ACTA sei ein Beispiel dafür gewesen, "wie es demokratisch legitimiert nicht geht", hätten die Verhandlungen doch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. "ACTA ist tot", betonte Regner. "Das EU-Parlament hat zwar noch nicht definitiv darüber abgestimmt, aber die Zeichen stehen gut dafür."

Auch die für digitale Medien zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes geht davon aus, dass das in vielen Ländern umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA nicht mehr kommen wird. In einer Rede vor Bloggern und Unternehmern in Berlin sagte sie nach Angaben der EU-Kommission am Donnerstag: "Wir werden wahrscheinlich eine Welt ohne SOPA ("Stop Online Piracy Act") und ohne ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) haben. Wir müssen Lösungen finden, um das Internet zu einem Ort der Freiheit, Offenheit und Innovation für alle Bürger machen."

Neues Urheberrecht nicht vor 2014

Das 2005 in Deutschland eingeführte Urhebervertragsrecht "hat sich zwar als nicht ganz bissfest herausgestellt", sei derzeit aber in Evaluierung und in entsprechend adaptier Form auch hierzulande notwendig, ist sich Ablinger sicher. Gerade ein Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschafter, angemessene Vergütung oder neue Regulierungsstellen wären jedenfalls anzudenken. Vor 2014 sei mit einer möglichen Umsetzung allerdings nicht zu rechnen. Klingenbeil forderte wiederum eine Flexibilisierung für die Verwendung von geschützten Werken für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung. Und: "Der alltägliche Gebrauch des Netzes muss entschärft werden."

(APA)

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