Reicht Facebooks Angriff auf Google?

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Das soziale Netzwerk wird zur Suchmaschine und geht damit auf Kollisionskurs mit Google. Das erhoffte schnelle Geld bringt das aber nicht. Der Höhenflug der Aktie ist vorbei.

Menlo park/Auer. „Komm und schau, was wir bauen!“ So kryptisch hat Facebook in der Vorwoche die Medien in die kalifornische Unternehmenszentrale eingeladen und damit nicht nur Journalisten, sondern auch Anleger in Aufruhr versetzt. Wird das soziale Netzwerk endlich sein eigenes Smartphone präsentieren? Oder gar einen Weg, die gesammelten Daten von einer Milliarde Nutzer bald zu Geld zu machen?

Aktie stieg zuletzt um die Hälfte

Nicht wirklich. Stattdessen holte Mark Zuckerberg zum Generalangriff auf Google aus. Mit der neu vorgestellten Funktion „Graph Search“ wird das soziale Netzwerk zur Suchmaschine. Statt wie mit Google das Internet zu durchforsten, können die Facebook-Nutzer nun in den Daten ihrer näheren und ferneren Bekannten auf Facebook nach Antworten auf ihre Fragen suchen. „Wir sehen Facebook als große soziale Datenbank“, sagte der Facebook-Gründer. „Wie bei jeder Datenbank sollte es möglich sein, sie zu durchsuchen.“ Liefern soll Graph Search nicht noch eine Linkliste, sondern konkrete Antworten. Entscheidend wird die Frage sein, was wertvoller ist: Irgendein Sushi-Lokal in Wien zu finden oder eines, das möglichst viele Freunde mögen.

Klingt ja nicht schlecht, wirklich revolutionär ist es aber nicht. Facebook spricht seit Jahren davon, das verwaiste Suchfeld in der oberen Ecke aufwerten zu wollen. Aber auch nach der Präsentation bleiben viele Fragen offen. Besonders enttäuscht waren wohl die Anteilseigner. In der Hoffnung, dass Zuckerberg nicht nur ein neues Feature vorstellen wird, sondern auch eine Idee hat, wie er damit Geld verdienen will, haben sie die Aktie des Unternehmens in den vergangenen Monaten um mehr als 50Prozent nach oben getrieben. Am Gipfel der Vorfreude dann dieser Event. Und siehe da, genau der lang ersehnte Plan fehlt immer noch. Derzeit gebe es keine konkreten Vorstellungen, wie Graph Search kurzfristig monetarisiert werden solle, ließ der Firmenchef wissen. Die Aktien stürzten um 2,7Prozent ab. Wer beim Börsengang im Mai eingestiegen ist, hat trotz des Höhenflugs der jüngeren Vergangenheit ein Fünftel seines Geldes verloren.

Langfristig könnte die Attacke auf Google freilich durchaus zu interessanten Verschiebungen am Werbemarkt führen. Derzeit generiert Google den überwiegenden Großteil seiner 40 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr über Anzeigen neben Suchergebnissen. In den USA hält das Unternehmen drei Viertel des gesamten Markts.

Kooperation mit Microsoft

Genau davon will Facebook in Zukunft ein größeres Stück haben und bietet Firmen an, bezahlte Beiträge in „Social Graph“ besser zu platzieren. Damit die Nutzer nicht nur die 240 Milliarden Fotos und zig Billionen an Meldungen der anderen Facebook-Mitglieder durchsuchen können, holt sich das Unternehmen Microsoft ins Boot. Die „klassischen“ Suchergebnisse aus dem Internet soll die Microsoft-Suchmaschine Bing zuliefern.

Während Google sich gar nicht zum konzertierten Angriff auf sein Kerngeschäft äußerte, warnten Datenschützer vor der neuen Funktion. „Die Suchfunktion, die wir vom Internet kennen, wird jetzt in den Freundeskreis hineingezogen, mit der Folge, dass hochsensible Informationen auch Dritten zur Kenntnis gelangen“, sagte Thilo Weichert. Vorerst kann aber Entwarnung gegeben werden. Die Facebook-Suche ist noch gar nicht fertig. Derzeit können nur ein paar Nutzer aus den USA die Beta-Version testen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2013)

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