Google will US-Geheimdienste verraten dürfen

Google US Geheimdienste
Google US Geheimdienste (c) REUTERS (CHRIS HELGREN)
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US-Internetkonzerne wollen verraten, wenn Geheimdienste Daten fordern, um das Vertrauen ihrer Kunden zu stärken. Die NSA-Affäre bescherte alternativen Mail-Anbietern aus Deutschland einen Boom. Viel sicherer sind sie nicht.

Wien/Auer. Mittlerweile hat es sich wohl zu den meisten europäischen Internetnutzern durchgesprochen: Sobald ihre Daten auf einem amerikanischen Server landen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass US-Geheimdienste mitlesen. Amerikas Internetkonzerne werden gezwungen, Daten über ihre Kunden abzuliefern. Betroffen sind davon auch viele Europäer. Vor allem jene, die ihre E-Mails über Googles Gmail, Yahoo oder Microsofts Hotmail versenden. In Sorge um einen drohenden Nutzerschwund stellen sich die US-Konzerne nun auf die Füße: Sie wollen zumindest verraten, wann und wie oft die Geheimdienste bei ihnen anklopfen.

Am Montag traf das Who is Who der amerikanischen Internetszene mit einem Ausschuss des amerikanischen Präsidialamts zusammen, der eingerichtet wurde, um den Datenskandal rund um die Enthüllungen des früheren FBI-Mitarbeiters Edward Snowden aufzuarbeiten.

E-Mails „made in Germany“

Yahoo, Google und Facebook forderten darin, künftig alle Anfragen nach Nutzerdaten öffentlich machen zu dürfen. Bis dato ist ihnen das verboten. Damit wollen sie den Verdacht aus dem Weg räumen, dass US-Geheimdienste uneingeschränkten Zugang zu ihren Systemen hätten. Schon heute veröffentlicht Google globale Regierungsanfragen nach Nutzerdaten. Im Vorjahr gab es demnach über 42.000 derartige Anfragen. Die Anfragen der US-Geheimdienste fehlen in dieser Liste allerdings.

Das Motiv hinter dem Vorstoß ist klar: Die Konzerne fürchten, dass die Datenschnüffelei von NSA und Co. ihre Kunden vertreiben könnte. Ganz unberechtigt dürfte diese Sorge nicht sein. Seit die US-Datenaffäre losgetreten wurde, erleben alternative Mail-Anbieter aus Europa einen starken Zustrom an Nutzern.

In Deutschland haben sich etwa große Mail-Anbieter rund um GMX, web.de und die Deutsche Telekom verbündet, um „E-Mails made in Germany“ zu promoten. Sie wollen künftig alle Nachrichten ihrer Nutzer automatisch verschlüsseln und Daten nur noch in deutschen Rechenzentren lagern. Die Ankündigung erfolgte Ende August – etwa zeitgleich mit der Schließung des US-E-Mail-Anbieters Lavabit, der die Nachrichten seiner Nutzer ebenfalls verschlüsselt hat. Prominentester Lavabit-Kunde: Edward Snowden.

Diese Lücke wollten deutsche Anbieter nun füllen. Ab sofort seien alle Nachrichtenströme zwischen den Rechenzentren verschlüsselt. Das gilt derzeit aber nicht immer für den Weg vom Nutzer zum Rechenzentrum. Ab 2014 wollen die Unternehmen nur noch SSL-verschlüsselte E-Mails ihrer Kunden annehmen.

Bis zu 80 Prozent mehr Kunden

Der Zuspruch ist groß. In den vergangenen Wochen berichtete etwa Freenet, ein Anbieter, der bekannt ist für starken Datenschutz, über ein Kundenplus von 80 Prozent. Auch GMX und web.de wollen über hunderttausend neue Nutzer dazugewonnen haben.

Viel sicherer sind die E-Mails allerdings auch bei deutschen Anbietern nicht. Selbst wenn alles verschlüsselt wird, können staatliche Stellen immer noch private E-Mails mitlesen. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden, wollen die Firmen auch künftig die betreffenden Daten herausgeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2013)

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