Innenministerium verteidigt Internet-Überwachung

(c) AP (Bastian Foest)
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Im Innenministerium sieht man die neuen Freiheiten der Polizei gelassen: Die Gesetzesnovelle schreibe nur fest, was bisher gelebte Praxis gewesen sei.

Die Kritik an neuen Bestimmungen in der im Dezember 2007 beschlossenen Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz (SPG) sieht das Innenministerium als unberechtigt an. Bei einem Hintergrundgespräch suchten Experten des Ministeriums die Vorwürfe, die einerseits die Beauskunftung von IP-Adressen, andererseits die Standortbestimmung von Handys betreffen, zu entkräften.

Die Grünen hatten in der Vorwoche angekündigt, die SPG-Novelle, die seit Jahresbeginn in Kraft ist, per VfGH-Klage kippen zu wollen. Entsprechende Klagen seien bereits eingebracht worden. Im Wesentlichen sind es drei Punkte, die das novellierte SPG brachte: die Abfrage von Standortdaten von Mobiltelefonen, der Einsatz von sogenannten IMSI-Catchern und die Auskunftspflicht von Internetprovidern über ihre Kunden. Der Exekutive ist es seit 1. Jänner auch erlaubt, die Daten ohne richterlichen Beschluss in "konkreten Gefahrensituationen" einzufordern.

Neben der Handyortung durch die Sendemasten der Mobilfunkbetreiber darf die Exekutive künftig auch auf den Einsatz IMSI-Catcher zurückgreifen. IMSI (International Mobile Subscriber Identity) ist ein 15-stelliger Code, welcher zur Identifikation auf jeder SIM-Karte gespeichert ist. Der Code beinhaltet Informationen über das Land, den Provider und die Handykennnummer.

"SPG schreibt nur fest, was gelebte Praxis war"

Mit der Auskunftspflicht von Providern zu IP-Adressen werde nur im SPG festgeschrieben, was bisher schon möglich und auch gelebte Praxis gewesen sei, lautet der Standpunkt des Innenministeriums. Man wolle damit nicht Surfgewohnheiten der User ausspionieren. Aber die Auskunftspflicht von IP-Providern diene dazu, gefährliche Angriffe zu verhindern. Ein solcher Fall wäre laut den Ministeriums-Experten etwa, wenn eine Mutter ihr Kind im Internet zum sexuellen Missbrauch anbietet, oder eine Selbstmordankündigung in Foren.

Das Ministerium steht jedenfalls auf dem Standpunkt, dass die Beauskunftung von IP-Adressen nicht unter das Fernmeldegeheimnis falle. Das sehe auch der Oberste Gerichtshof so.

Handy-Ortung nur bei Lebensgefahr

Die Standortfeststellung bei Handys gibt es nur bei einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben, betonten die Ministeriums-Experten. Drei mögliche Fälle nannten sie: Der verirrte Wanderer, der nicht mehr selbst Hilfe holen kann, das Entführungsopfer und Personen, die ihren Selbstmord ankündigen. Abhören sei im SPG hingegen nicht vorgesehen und nicht zulässig. Davon wäre nämlich das Staatsgrundgesetz Artikel 10a betroffen, der das Fernmeldegeheimnis regelt. Dafür benötigt es einen richterlichen Beschluss. Mit IMSI-Catchern wäre das Mitlauschen technisch durchaus möglich.

Die Gefahr des Missbrauchs sieht das Ministerium nicht: Etwa wenn betrogene Ehepartner ihre Gesponse als vermisst melden, um über die Standortbestimmung den Aufenthaltsort zu erfahren, werden sie die entsprechenden Informationen nicht erhalten. Denn solche Auskünfte dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden.

Anfragen laufen über Zentralstelle

Anfragen auf Ausforschung des Handystandortes wird auch nicht jede Polizeiinspektion stellen können. Ein Ministeriumserlass begrenzt diese Möglichkeit auf eine Zentralstelle pro Bundesland. In Wien ist dies die Landesleitzentrale, in den anderen Bundesländern die jeweiligen Dauerdienste der Landeskriminalämter. Den Kritikpunkt, dass genau an diesen Stellen keine Juristen sitzen, welche die Rechtmäßigkeit dieser Anliegen genauer untersuchen könnten, werde man sich genauer anschauen, hieß es. (APA)

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