Haushalt

Ist der Hype um einen neuentwickelten Haarföhn von Dyson nur heiße Luft?

Schenken Sie einer Frau niemals, zu keiner Zeit, unter keinen Umständen „etwas Nützliches“ zu Weihnachten. Also: Haushaltsgeräte zum Beispiel. Denn zum Fest der Liebe und Besinnlichkeit kann man ruhig auch die Sinnlichkeit herausklauben – und die verbietet es, schnöde Alltagshelferlein wie Waschmaschinen, Staubsauger, Bügeleisen oder Zitruspressen unterm Tannenbaum zu platzieren. Und zwar strikt. Andererseits: Fällt ein Föhn auch unter diese Kategorie?

Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht von jenen banalen Haartrocknern, die einem mit lautem Getöse heiße Luft um die Ohren blasen. Derlei gibt's ja schon um niedrige zweistellige Eurobeträge in jedem Supermarkt ums Eck. Und seit der Erfindung des Haarföhns vor über hundert Jahren hat sich am Prinzip wenig geändert. Dann trat – einmal mehr – der notorisch innovative britische Hersteller Dyson auf den Plan und präsentierte einen Über-Föhn. Der konsequenterweise auch gleich Supersonic heißt. Die Werbebotschaft verbreitete sich mit Überschallgeschwindigkeit: Hier wurde quasi das Rad neu erfunden.Nun, das Ding gleicht einem normalen Haartrockner. Zumindest ansatzweise. Nur die Düsenform des Gehäuses wich einem Ring mit runder Öffnung, der mit magnetisch haftenden Aufsätzen bestückt werden kann. Der Motor sitzt im Griff und ist „achtmal effizienter als herkömmliche Föhn-Antriebe“. Eine intelligente Temperatursteuerung verhindert Überhitzung und damit nachhaltige Schädigung des Haars. Dank Schalldämpfern ist er auch leiser als andere Badezimmermonster. Das ist mein subjektiv größter Pluspunkt. Meine Freundin ist begeistert, aber noch nicht überzeugt. „Der Föhn liefert fast schon zu viel Luftstrom“, meint sie als Testexpertin. Ich dagegen staune über die unvergleichliche PR-Walze.

Mehr als vier Jahre lang hätten 103 Ingenieure Prototypen getestet, dabei 1625 Kilometer Echthaarstränge verbraucht und insgesamt 64 Millionen Euro Entwicklungsbudget verbraucht. Mit mir stolzem Halbglatzenträger wird Dyson das nicht zurückverdienen. Trotz des Preises von rund 400 Euro. Aber als exquisites Weihnachtspräsent ist dem Feinspitz kaum etwas zu teuer. Nur eine Frage hätte ich noch nach dem Studium der vielen heißen Luft in diversen Medienberichten: Wie soll das gehen, dass „dreimal mehr Luft das Gerät verlässt als eingesogen wurde“? Dieser „Air Multiplier“-Effekt erregt, wenn's stimmt, auch die Aufmerksamkeit von Physikern und Verschwörungstheoretikern.

Mehr unter http://groebchen.wordpress.com

(Print-Ausgabe, 04.12.2016)

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