20 Jahre: SMS trotzt erfolgreich der App-Konkurrenz

Jahre trotzt erfolgreich AppKonkurrenz
Jahre trotzt erfolgreich AppKonkurrenz(c) REUTERS ( Andrew Burton Reuters)
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1992 wurde von einem PC die erste Kurzmitteilung an ein Telefon gesendet. Trotz App-Konkurrenz werden jährlich Billionen SMS verschickt.

Zu Weihnachten und Silvester werden besonders viele SMS verschickt. Dass das schon immer so gewesen ist, zeigt der Inhalt der ersten Textnachricht, die vor 20 Jahren in den USA geschrieben worden ist. „Merry Christmas“, tippte Neil Papworth vom britischen Provider Vodafone am 3.Dezember1992 etwas verfrüht in die Tasten. Österreich war etwas später dran und der Text wesentlich unromantischer: 1995 schickte ein Mobilkom-Mitarbeiter an einen Kollegen eine schlichte „Bitte um Rückruf“. Zehn Jahre später wurden in Österreich bereits mehr als 1,6 Milliarden SMS versendet, und im vergangenen Jahr stieg die Zahl laut Regulierungsbehörde auf fast 7,3 Milliarden. Noch beeindruckender ist die weltweite SMS-Menge mit 7,8 Billionen im Vorjahr.

Als Neil Papworth 1992 seine Weihnachtsbotschaft verschickte, war die Technologie noch weit entfernt von dem heute gewohnten Dienst. SMS zu senden war in den frühen Tagen nur mit Spezialgeräten möglich. Papworth nutzte seinen PC, der Empfänger das Telefon Orbitel901. Das erste Handy, mit dem sich SMS auch senden ließen, stellte Nokia erst zwei Jahre später vor. Damals waren die Finnen noch mit großem Abstand Marktführer, heute sind von einstigen Glanz nur mehr wenige Prozent geblieben.

Angst vor WhatsApp?

„SMS ist tot“, titelten im Frühjahr zahlreiche Medien. 2009 nahm in den USA still und heimlich ein Dienst namens „WhatsApp“ seinen Betrieb auf, der sich heute weltweit größter Beliebtheit erfreut. Die Nachrichten werden über das Internet zugestellt, was einige Vorteile hat: Die übertragene Datenmenge bei reinen Textnachrichten ist gering, im Zeitalter der Datenpauschalen fallen keine Extrakosten an, in WLANs so und so nicht, und zudem lassen sich ohne viel Aufwand Bilder verschicken. Wie beliebt WhatsApp genau ist, ist schwer zu sagen, denn der Anbieter prahlt nicht gerne mit Zahlen; Interviews sind rar, PR und Marketing nicht notwendig. Die Schätzungen reichen von 100 bis zu 300 Millionen Nutzern. Pro Monat stellt WhatsApp etwa zwei Milliarden Nachrichten zu.

Im Vergleich zu SMS ist das noch wenig. Dennoch geht in der Branche die Angst vor Umsatzverlusten um. Die Marktforscher von Ovum schätzen, dass den Providern im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 10Milliarden Euro an Einnahmen entgangen sind. Ob man dieser Schätzung trauen kann, ist fraglich. Die Zahl der verschickten SMS steigt seit Jahren konstant an, das Wachstum ist nach wie vor ungebremst, und die Prognosen für die nächsten Jahre sind ebenfalls vielversprechend. Auch die heimischen Mobilfunker A1 und T-Mobile erwarten für die nächsten Jahre weitere Zuwächse.

Dennoch, Dienste wie WhatsApp, Apples iMessage oder Facebooks Messenger waren laut Portio Research 2011 bereits für 3,5 Billionen Nachrichten weltweit verantwortlich. Angst, dass das den SMS-Tod bedeuten könnte, haben die Mobilfunker nicht, aber ein Stück vom Messaging-Kuchen hätten sie trotzdem gern.

Joyn und MMS

Gelingen soll das mit dem Dienst Joyn, der das Verschicken von Nachrichten und Bildern ermöglicht, aber auch Videotelefonie bietet. Seit der Vorstellung im Februar ist es um Joyn aber auffällig ruhig geworden ist. Bleibt zu hoffen, dass die Initiative erfolgreicher ist als der Multimedia Messaging Service, der sich nie richtig durchsetzte. MMS sollte als Weiterentwicklung des SMS die Handys erobern und Bilder oder sogar Musik versenden. Zu hohe Preise und später die Übertragung via Internet verhinderten jedoch von Beginn an den Erfolg der neuen Technologie. Allen Widrigkeiten zum Trotz wurden in Österreich 2011 mehr als 41 Millionen MMS übertragen – und auch hier gibt es seit Jahren ein konstantes, wenn auch geringes Wachstum.

Zu Beginn war SMS übrigens ein kostenloser Dienst der Mobilfunker – bis sie das wirtschaftliche Potenzial erkannten. Lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis auch Anbieter wie WhatsApp mit Tarifen aufwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2012)

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