Mit der Übernahme von Orange durch die chinesische Hutchison erfolgt die lange erwartete Konsolidierung am heiß umkämpften Handymarkt. Der Wettbewerb bleibt hart.
Die letzte Hürde ist genommen: Der viertgrößte heimische Mobilfunker Hutchison („3“) darf den bisherigen Konkurrenten Orange um 1,3 Mrd. Euro übernehmen und die Orange-Billigmarke Yesss! um 390 Mio. Euro an die Telekom Austria weiterverkaufen. Nachdem die EU für den Orange-Kauf grünes Licht gegeben und das Kartellgericht den Yesss!-Deal genehmigt hatte, haben nun Bundeswettbewerbehörde und Bundeskartellanwalt auf einen Rekurs verzichtet.
Damit geht die lange erwartete Konsolidierung des von beinharten Preiskämpfen geprägten Mobilfunkmarktes über die Bühne. Denn die rosigen Zeiten, in denen der Handyboom die Kassen klingeln ließ, sind vorbei. Keine andere Branche hat binnen kurzer Zeit einen derartig heftigen Boom erlebt – und kämpft dennoch mit großen finanziellen Problemen. Die Ursachen sind vielfältig, wie ein Blick zurück zeigt.
Ein Brikett als erstes Handy
Ein trüber Herbsttag im Jahr 1996: Unter dem Telekom-Funkturm im Wiener Arsenal präsentiert Josef Sindelka, damals Chef der aus der Sektion IV des Verkehrsministeriums herausgelösten Post und Telekom Austria eine „Weltpremiere“. In der Hand hält er ein brikettartiges Gerät mit Tasten. Das sei ein Mobiltelefon, und mit diesem könne man in ganz Europa – wenn nicht vielleicht in der ganzen Welt – telefonieren. Von jedem Ort, überallhin – drahtlos.
Was nicht nur von Journalisten belächelt wurde, entwickelte sich zu einer der größten technologischen Revolutionen des Industriezeitalters. Und Österreich spielte im neuen Kommunikationszeitalter ganz vorn mit. Die Mobiltelefonie erwies sich nicht nur für die damals noch im Staatsbesitz stehende Telekom Austria als heftig sprudelnde Geldquelle, sondern auch für die Newcomer.
1998 öffnete die EU per Liberalisierung auch anderen Anbietern den Markt. Die ließen sich nicht lange bitten. Telekom Austria (A1), T-Mobile (vormals Max.mobil), Tele.ring, Orange (vormals Connect und dann One) und zuletzt Hutchison („3“): Binnen weniger Jahre tummelten sich fünf Mobilfunker auf dem kleinen österreichischen Markt und lieferten sich vor allem auf dem Preissektor Schlachten, die jeglichen bis dato in anderen Branchen gesehenen Wettbewerb in den Schatten stellten. Dennoch herrschte Goldgräberstimmung, schließlich garantierten zweistellige Zuwachsraten pro Jahr satte Einnahmen.
Goldene Zeiten für Konsumenten
Für die Konsumenten brachen paradiesische Zeiten an. Die Netzabdeckung wurde immer besser, die Technologie immer ausgereifter, und praktisch jedes halbe Jahr kamen neue Handys auf den Markt. Vor allem aber rasselten die Preise in den Keller. Binnen fünf Jahren sind die Tarife für Telefonieren, SMS und Datendienste um 60 Prozent gefallen, womit Österreich Spitzenreiter in der EU ist.
Die Mobilfunker gerieten jedoch zusehends in die Bredouille. Irgendwann war Schluss mit satten Zuwachsraten: Der Markt ist gesättigt – 13,2 Millionen SIM-Karten bedeuten, dass fast jeder Österreicher zwei Handys hat. Die von (hoch subventionierten) Gratishandys verwöhnten Österreicher verlangen aber immer noch niedrigere Tarife. Und sie bekommen sie auch – Kundenbindung ist das Zauberwort. Die Folge: Immer schmälere Gewinnmargen stehen im krassen Gegensatz zu Milliardeninvestitionen in neue Technologien und Netzinfrastruktur.
Die Bilanzen der Mobilfunker, die sie aber nicht veröffentlichen (außer der Telekom), spiegeln diese Entwicklung wider. Operativ erzielen die Unternehmen Gewinne, wenn auch deutlich weniger als zu Beginn des Booms. Die großen Investitionen verdient nur die Telekom. Hat die Revolution also ihre Kinder gefressen? Auf Orange und davor Tele.ring (wurde 2005 von T-Mobile gekauft) trifft das zu.
Auf einen Blick
Hutchison („3“), der viertgrößte Mobilfunker, kann die Nummer drei, Orange, um 1,3 Mrd. Euro kaufen und deren Billigmarke Yesss! um 390 Mio. Euro an die Telekom Austria weiterverkaufen. Mit dem Verzicht auf einen Rekurs durch die Bundeswettbewerbsbehörde ist die letzte Hürde der Übernahme genommen. Die EU und das Bundeskartellgericht hatten schon grünes Licht gegeben. „3“ muss Mobilfunkern ohne eigenes Netz ihre Infrastruktur öffnen und Frequenzen abgeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)