Leichter Riese gegen solides Schwergewicht

Das Nokia Lumia 920 gilt als das Flaggschiff der Windows-8-Handys. Mit dem Ativ S schickt Samsung einen Rivalen ins Rennen, der hierzulande vom Marktstart her vorn liegt. Die beiden Kontrahenten im Vergleich.

Vorab ein Wort zum Betriebssystem. Windows 8 ist anfangs ein wenig ungewohnt, nach ein paar Tagen kommt man damit aber ebenso gut (oder schlecht) zurecht wie mit Android oder iOS. Die Frage, welches Betriebssystem das beste ist, ist für die meisten Anwendungen schlicht Geschmackssache.

Das Ativ S von Samsung erinnert, abgesehen vom grausilbernen Glanz des Gehäuses, sehr an gängige Android-Modelle der Koreaner. Mit den bekannten Stärken und Schwächen: Das Design ist mäßig originell, die Rückfront fühlbar aus dünnem Plastik. Dafür ist es nicht nur sehr schlank, sondern auch angenehm leicht. Das Amoled-Display mit 1280x720 Bildpunkten überzeugt, die Größe von 4,8 Zoll ist aber schon fast zu viel des Guten. Nie zu viel haben kann man an Speicherplatz, daher ist der Micro-SD-Slot eine willkommene Draufgabe auf den 16GB internen Speicher. Der auch im Nokia verbaute 1,5-GHz-Dual-Core-Prozessor mit 1GB RAM ist mehr als ausreichend, aber nicht weiter bemerkenswert. Gleiches gilt für die Kamera mit acht Megapixeln, deren Bildqualität guter Handydurchschnitt ist.

Arm in Arm stellten die Chefs von Microsoft und Nokia, Steve Ballmer und Stephen Elop (v.l.n.r), in New York ihre neuen Hoffnungsträger am Smartphone-Markt vor. (c) AP

Das Flaggschiff für das neue Betriebssystem Windows Phone 8 ist das Lumia 920. Beim Display hat sich der finnische Hersteller eine Besonderheit einfallen lassen. Es lässt sich auch mit dicken Winter-Handschuhen bedienen.Der 4,5 Zoll große Bildschirm bietet eine Auflösung von 1280 x 768, also in etwa so viel wie Samsungs Galaxy S3. (c) AP

Im Vergleich zum Vorgänger Lumia 900 wiegt das 920 mit 185 Gramm um 25 Gramm mehr, dafür ist es um etwa einen Millimeter dünner. Als Prozessor kommt Qualcomms Dual-Core Snapdragon S4 mit 1,5 Gigahertz zum Einsatz - mit Windows Phone 8 werden erstmals Mehrkern-Prozessoren unterstützt. Der Speicher hat sich im Vergleich zum Vorgänger verdoppelt auf 1 Gigabyte RAM und 32 Gigabyte Speicherplatz. (c) Reuters

Besonders stolz ist Nokia aber auf die Kamera. Sie bietet mit 8,7 Megapixel zwar nur eine marginal höhere Auflösung als das Lumia 900, ... (c) AP

... setzt aber auf die "PureView"-Technologie, die bereits von dem 41-Megapixel-Handy Nokia PureView 808 bekannt ist. PureView sorgt mit einer besonders lichtstarken Linse für gute Bilder in schlechten Lichtverhältnissen. (c) Reuters

Eine spezielle Linsen-Technologie - "Floating Lens" - soll zudem für verwacklungsfreie Bilder und Videos sorgen. Die Präsentation der Kamera auf der Bühne war beeindruckend - leider musste Nokia nachträglich zugeben, dass die Präsentation gestellt war. Das gezeigte Video wurde gar nicht mit dem neuen Lumia gefilmt. (c) Nokia

Das Lumia 920 lässt sich ohne Kabel aufladen. Dazu setzt der Hersteller auf einen Standard, den auch Zubehör-Hersteller verwenden. Zum Aufladen muss das Handy lediglich auf die Lade-Matte von Nokia gelegt werden. Der Sitzkissen-Hersteller Fatboy hat zudem bereits ein Mini-Lade-Kissen für das Lumia 920 im Angebot. (c) Nokia

JBL nutzt die Drahtlos-Technologie des Lumia 920 für einen Lautsprecher, der nicht nur ohne Kabelverbindung Musik abspielt, sondern das Gerät auch gleich auflädt. Das Lumia 920 gibt es übrigens in Weiß, Grau, Schwarz, Rot und - das ist neu - Gelb. Preise und Marktstart sind noch nicht bekannt. (c) Nokia

Das Lumia 820 ist der kleinere Mittelklasse-Bruder des 920. (c) AP

Das Display misst mit 4,3 Zoll nur etwas weniger als das des 920ers, die Auflösung ist mit 800 x 480 allerdings deutlich geringer. Prozessor und Arbeitsspeicher sind gleich, der Speicherplatz beträgt mit 8 Gigabyte aber nur die Hälfte. (c) AP

Die Kamera bietet 8 Megapixel, setzt aber nicht auf die PureView-Technologie. Zudem ist der Akku etwas schwächer, lässt sich aber ebenfalls drahtlos laden. (c) Reuters

Das Lumia 820 kommt mit austauschbaren Covers. Preise und Erscheinungsdatum sind auch hier noch unbekannt. (c) Nokia

Klasse durch Masse

Aus ganz anderem Holz geschnitzt ist das Lumia 920 von Nokia. Der massive Kunststoffmonoblock ist in Schwarz nicht ganz so chic wie in den farbigen Varianten, wirkt aber solide und eigenständig. Obwohl praktisch gleich breit, liegt es deutlich besser in der Hand als das Ativ S. Das hohe Gewicht scheidet die Geister. Während so mancher bei einem Oberklasse-Handy auch „etwas in der Hand haben“ will, gilt für andere „je leichter, desto besser“.

Ein Plus für Nokia sind die Apps. Während Samsung Windows mit Chat und einem verzichtbaren „Music Hub“ garniert, stattet Nokia sein Lumia mit dem hauseigenen Kartendienst und dem „City Kompass“ aus, der zu Restaurants, Sehenswürdigkeiten etc. in der Nähe führt. Ebenfalls an Bord ist Mix Radio, das (mit Einschränkungen) Gratismusik bietet. Bei dieser Gelegenheit sei der Lautsprecher des Lumia positiv erwähnt.

Spannend ist die Kamera des Lumia 920, die nicht nur mit Nokias „Pure View“, sondern – als einzige Handykamera – auch mit optischem Bildstabilisator ausgestattet ist. Im Test sind die Bilder tatsächlich einen Tick schärfer als die des Ativ S, und der Autofokus arbeitet zuverlässig. Wunder darf man aber auch vom Lumia 920 nicht erwarten.

Last but not least ist der im Übrigen tadellose Touchscreen des Lumia 920 auch mit Handschuhen zu bedienen – in diesen Tagen ein großes Plus.

Im Vergleich hat das Nokia Lumia 920 die Nase knapp vorn. Das Ativ S ist zwar ein gut ausgestattetes, zeitgemäßes, aber letztlich eher unspektakuläres Oberklasse-Smartphone, dessen Preis mit 600Euro etwas hoch angesetzt erscheint. Das Lumia 920 ist zwar noch etwas teurer, aber dafür deutlich origineller und wirkt insgesamt wertiger. Punkten kann das Samsung-Handy mit Speicherkartenslot, seinen schlanken Maßen und Verfügbarkeit – im Gegensatz zum derzeit nur vorbestellbaren Lumia 920 ist das Ativ S sofort erhältlich.

Fazit Samsung Ativ S

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2013)