Google verkauft Handyhersteller Motorola an Lenovo

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Der chinesische Großkonzern übernimmt nach dem Großteil von IBM die nächste US-Firma. Am Smartphone-Markt weht allerdings ein rauer Wind.

Google verkauft den Handyhersteller Motorola an Lenovo. Damit schluckt der chinesische Konzern nach dem PC-Geschäft (und bald der Serversparte) von IBM den nächsten amerikanischen Gerätehersteller. Lenovo wollte schon 2011 zuschlagen, als Google Motorola übernahm. Vergangenes Jahr folgte ein Versuch die angeschlagene Firma Blackberry zu kaufen. Vergeblich, denn die kanadische Regierung legte sich quer. Der für die kanadische Wirtschaft so wichtige Konzern sollte nicht nach China verkauft werden. Noch ist zwar unklar, wie die US-Behörden auf die Ankündigung reagieren werden, für Lenovo ist die Übernahme von Motorola aber ein langersehntes Geschäft.

2,91 Mrd. Dollar ist der Deal schwer. Davon bezahlt Lenovo 660 Mio. Dollar in bar und den Rest in Aktien. Für Google bedeutet das auf den ersten Blick einen großen Verlust. 2011 blätterte der Internetkonzern rund 12,5 Mrd. Dollar für Motorola hin - davon etwa 3 Mrd. Dollar bar. Später wurde die TV-Set-Top-Box-Sparte um 2,35 Mrd. Dollar wieder abgegeben. Schon vor zwei Jahren betonte Google, dass es bei der Übernahme vornehmlich um die 17.000 Patente geht, die die US-Firma auch nach dem Deal mit Lenovo behalten wird. Sie sind wertvolle Munition für die großen Patentprozesse, die sich Handyhersteller seit Jahren vor internationalen Gerichten liefern. Im Wesentlichen geht es dabei um einen Kampf zwischen den beiden großen Smartphone-Systemen Apples iOS und Googles Android.

Motorolas Google-Ladenhüter

Ob Google nun jemals wirklich an dem Handygeschäft interessiert war oder ob es nur um Patente ging, wird sich wohl nicht restlos klären lassen. Jedenfalls ist der Ausflug des Internet- und Software-Giganten auf den Hardwaremarkt gehörig schief gelaufen. Fast zwei Jahre brauchte es, bis Motorola die ersten Google-Smartphones auf den Markt brachte. Trotz viel Lob in US-Medien und der über die vielen Kanäle von Google kommunizierten Botschaft, es handle sich hier um das amerikanischste aller Smartphones, blieb das "Moto X" ein Ladenhüter und Motorola fuhr Verluste ein. Insgesamt brockte der Handyausflug Google seit der Übernahme 1,5 Mrd. Dollar Verlust ein. Zu sehr wird der Smartphone-Markt in den USA von Apple und weltweit von Samsung und Apple dominiert. Ein Problem, um das sich nun Lenovo kümmern muss.

Smartphone-Markt: Rennen um Platz drei

Derzeit ist der chinesische Großkonzern vor allem als der größte Computerhersteller bekannt. Aber Lenovo investiert viel in sein Smartphone-Geschäft und schafft es mittlerweile auf den vierten Platz am hart umkämpften Smartphone-Markt. Mit 4,7 Prozent Marktanteil liefert sich die Firma ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem ebenfalls chinesischen Hersteller Huawei und dem koreanischen LG. Den Rest des Marktes teilen sich praktisch Samsung (31,4 Prozent) und Apple (13,1 Prozent).

Wie Huawei wächst auch Lenovo derzeit bei Smartphones vor allem mit niedrigpreisigen Geräten. Möglich, dass sich das mit Motorola ändert. Die in den USA sehr bekannte Marke soll jedenfalls erhalten bleiben. Dass Lenovo auch an Blackberry interessiert war zeigt, wohin die Reise geht: Lenovo hat Geschäftskunden im Visier. Damit kennt sich der Konzern bestens aus, schließlich sind die meisten Büro-PC und -Laptops "ThinkPads". Und erst kürzlich hat die chinesische Firma auch angekündigt, die Serversparte von IBM zu übernehmen.

Google-Aktie steigt, Lenovo fällt

An der Börse kam der Motorola-Verkauf für Google gut an. Die Aktie legte nachbörslich an der Wall Street um 2,6 Prozent zu. Für Lenovo ging es hingegen in Hongkong bergab. Das Papier rutschte um mehr als 8 Prozent nach unten. Anleger fürchten, dass der Preis für Motorola zu hoch gewesen sein könnte. 

Am Donnerstagabend plant Google, sein Schlussquartal vorzulegen. Im dritten Quartal fuhr der Konzern trotz der Motorola-Verluste einen Gewinn von fast 3 Mrd. Dollar ein. Analysten rechnen für das Schlussquartal 2013 mit knapp 4,2 Mrd. Gewinn.

Google setzt auf Roboter

Google wird den Hardware-Markt nicht komplett hinter sich lassen. Im Gegenteil. Um mehr als 3 Mrd. Dollar übernimmt der Konzern mit Nest eine kleine Firma, die sich auf die Herstellung "smarter" Thermostate spezialisiert hat. Interessiert ist Google vor allem an dem Team der Firma, das künftig wohl an einigen "smarten" Geräten laborieren wird. Nebenbei hat Google zudem zahlreiche Unternehmen übernommen, die sich mit den Themen Roboter und Automatisierung beschäftigen. 

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