Festplattenabgabe verteuert Handys

File picture illustration of Samsung Electronics´ Galaxy S4 and Apple´s iPhone 5 taken in Seoul
File picture illustration of Samsung Electronics´ Galaxy S4 and Apple´s iPhone 5 taken in Seoul(c) REUTERS (KIM HONG-JI)
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In der Schlacht um eine Festplattenabgabe feuern die Mobilfunker ein schweres Geschütz ab: Handys würden teurer werden. Die Künstlervertreter beharren auf ihrer Forderung.

Wien. Der Kampf um die sogenannte Festplattenabgabe erreicht des Österreichers liebstes Spielzeug: das Handy. Endgeräte könnten nämlich um bis zu 30 Euro teurer werden, wenn die Festplattenabgabe umgesetzt wird, warnen die Mobilfunkbetreiber, die auch die öffentliche Meinung gegen die Festplattenabgabe mobilisieren wollen.

Auch wenn es auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, da Festplatten ursprünglich nur in Computern zu finden waren: Jedes Smartphone hat heutzutage Speicherkapazitäten und wäre von der Abgabe betroffen.

Im Falle einer Einführung würde „ein Belastungspaket in geschätzter Höhe von 45 Mio. Euro die Branche hart treffen“, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Abgabe sei „inakzeptabel“ und würde eine massive Schwächung der Unternehmen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in Österreich nach sich ziehen, sagte T-Mobile-Geschäftsführer Andreas Bierwirth. Er berief sich auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von vergangener Woche, das die Position der Handynetzbetreiber unterstreichen würde. Diese Interpretation des EuGH ist freilich umstritten.

Widerspruch von Künstlern

Unterstützung erfuhr die „Internetoffensive“ – wenig überraschend – von der „Plattform für ein modernes Urheberrecht“, zu der sich die Elektronikhändler zusammengeschlossen haben. Der EuGH habe mit der Entscheidung, dass Raubkopien nicht vergütungspflichtig sein können, „endlich klare Grenzen gezogen“, so Thomas Schöfmann von Conrad Electronic, der ebenso eine „neue geräteunabhängige Lösung“ fordert. Die Fronten in Sachen Festplattenabgabe bleiben damit verhärtet.

Denn: Vehementen Widerspruch gegen die Argumente der Industrie gab es von den Befürwortern der Festplattenabgabe, die die „dezidierten Falschmeldungen des Elektrohandels bzw. der Telekomindustrie“ kritisieren. Das Gerichtsurteil sei „nicht weiter verwunderlich“ gewesen, erklärte der Schriftsteller Doron Rabinovici von der Künstlerplattform „Kunst hat Recht“, und habe auch nichts an der bisherigen Ausgangssituation geändert.

Der EuGH hatte vergangene Woche entschieden, dass Raubkopien bei der Berechnung einer Festplattenabgabe nicht berücksichtigt werden dürfen. Für einen „angemessenen Ausgleich“ müssten Vergütungssysteme zwischen illegaler Raub- und legaler Privatkopie unterscheiden.

„Haushaltsabgabe“?

Die Verwertungsgesellschaften kritisieren aber ihrerseits vielmehr das Streben nach „Gewinnmaximierung“ seitens der Industrie, ohne auf eine faire Vergütung künstlerischer Leistung aus zu sein. „Die Telekomindustrie hat einen Jahresumsatz von rund 4,5 Mrd. Euro, jener des Elektrohandels liegt bei fünf Mrd. Euro“, erläutert Sandra Csillag von der Literar-Mechana.

Die Einnahmen aus der Festplattenabgabe würden dagegen nur 20 bis 30 Mio. Euro betragen. „Es ist ganz und gar absurd, wenn sich milliardenschwere Wirtschaftsbetriebe als belastet darstellen, weil Künstler nicht länger gezwungen werden wollen, ihre Leistungen kostenlos zur Verfügung zu stellen“, heißt es auch von der „IG Autorinnen Autoren“.

Der EuGH habe mit dem Urteil einer „Haushaltsabgabe“ eine Absage erteilt. Die Festplattenabgabe sei das einzige Modell, das dem Anspruch des EuGH gerecht werden könne. Der Tarif für eine Festplattenabgabe wurde von den Verwertungsgesellschaften vorgeschlagen, die sich davon 48 Euro „pro Künstler und Monat“ versprechen.

Elektrohandel, Geräteindustrie und jetzt eben die Telekomindustrie laufen Sturm gegen die Abgabe, die ja automatisch ihre Geräte verteuern würde – stattdessen will man die Künstler mit einer „Haushaltsabgabe“ von 50 Cent zufrieden stellen und für durch digitale Kopien entgangene Profite entschädigen. (Ag./Red.)

AUF EINEN BLICK

Streit. Wer soll für illegale Raubkopien zahlen? Und vor allem wie? Das sind die Fragen im Kern des Streits um eine Festplattenabgabe, wie sie sich mehrere Künstler-Vereinigungen und Verwertungsgesellschaften wünschen. Sie versprechen sich Einnahmen, die an die betroffenen Künstler pauschal ausgeschüttet werden. Die Hardware-Hersteller und Händler sind dagegen und warnen: Jedes Handy würde um bis zu 30 Euro teurer werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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