Sind Sie depressiv? Fragen Sie Ihr Smartphone!

General Images Mobile Devices In China
General Images Mobile Devices In China(c) Bloomberg (Nelson Ching)
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Die Diagnose soll sich aus Aufenthaltsort und User-Verhalten stellen lassen, via App, ohne jedes Gespräch.

Es gab einmal ein Gerät, das ausschließlich der verbalen Kommunikation diente, es stand irgendwo, man musste hin, Ältere werden sich erinnern: Es war das Telefon. Sein Nachfolger heißt Smartphone, ist ein Alleskönner und wird „zum am weitesten verbreiteten Gerät unserer Welt“. So formulieren es Forscher vom Center for Behavioral Intervention Technologies der Northwestern University in Chicago. Sie haben in der unüberschaubaren Zahl der Apps eine Lücke erspäht und wollen sie schließen, mit dem „Purple Robot“.

Der soll die User auf ihren Geisteszustand überwachen, präziser darauf, ob sie an Depression leiden. Woher weiß das Smartphone das? Es hat ein GPS eingebaut, mit dem sich der Aufenthaltsort jederzeit feststellen lässt. Verlässt jemand seine Wohnung kaum, deutet das auf Depression, steuert er nur wenige Orte an, erhöht das den Verdacht. Teil zwei der Ferndiagnose – sie kommt ohne jedes Gespräch aus – wird vom Verhalten beigesteuert: Häufige und lange Nutzung stärkt den Verdacht weiter – depressiv Gestimmte verbringen täglich 68 Minuten mit dem Smartphone, andere 17 –, weil Depressive vor ihrer Depression gern flüchten, so steht es im Journal of Medical Internet Research (15.7.), ja, das gibt es.

Das ist die Anamnese. Mit ihr könnte leicht auch als depressiv gelten, wer gehbehindert ist, gern plaudert und sich täglich in sein Stammcafé schleppt. Die Forscher sind trotzdem sicher – und trotz einer Probandenzahl von 28 –, dass ihre App funktioniert. Sie haben die Probanden auch befragt, in einem Standard-Test für Depression: Der „Purple Robot“ soll zu 87 Prozent sicher diagnostizieren. Daraus ziehen die Forscher die Gewissheit, sie hätten „die Möglichkeit einer neuen Generation von Techniken zur Intervention in Verhalten öffnet, die passiv Signale von Depression detektiert“ und dann aktiv wird, etwa vergnügliche Aktivitäten empfiehlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2015)

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