Was hat mein Smartphone mit dem Bürgerkrieg im Kongo zu tun?

Soldaten in der DR Kongo
Soldaten in der DR KongoWieland Schneider
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Wir kaufen immer häufiger Fair Trade, egal ob Schokolade, Bananen oder Kleidung. Doch wie viel wissen wir über das Konsumgut, das wir täglich, viele von uns stündlich verwenden? Wie fair ist unser Handy?

Wir essen vegan, kaufen „faire“ Schokolade und machen uns Gedanken über Ökostrom. Beim Verzehr unseres glutenfreien Bio-Vollkorntoasts tippen und wischen wir eifrig über das Display unseres Smartphones. Und unterstützen dabei unbemerkt einen Krieg, der monatlich 45.000 Menschen das Leben kostet. Obwohl ethische Normen und soziale Verantwortung viele unserer Lebensbereiche immer mehr durchdringen, gibt es ein Tabuthema, das selten bis nie diskutiert wird: Wie fair ist die Herstellung unserer Handys?

In der Menschenrechtsstudie "DR Kongo: Der Krieg, die Frauen und unsere Handys" aus dem vergangenen Jahr ziehen Experten Bilanz über die dramatische Situation, die nicht zuletzt von den großen Mobiltelefon-Herstellern mitverschuldet wurde - und wird. Auch die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" veröffentlicht heute, Dienstag, eine Studie die beschreibt, wie große Handykonzerne Kinderarbeit bewusst für die Herstellung ihrer Produkte in Kauf nehmen.

Dem "Human Development Index" der Vereinten Nationen zufolge, zählt die Demokratische Republik Kongo zu den ärmsten Staaten der Welt. Das Paradox: Grund dafür sind vor allem die in großen Mengen vorhandenen Bodenschätze. Die wertvollen Rohstoffe befeuerten Konflikte, die oft seit der Kolonialzeit bestehen, und zwangen bisher Millionen Menschen zur Flucht vor gierigen Kriegstreibern.

Wie Handys Kriege finanzieren

Ein modernes Mobiltelefon besteht aus bis zu 60 verschiedenen Stoffen. Mindestens 30 davon sind Metalle. Die Demokratische Republik Kongo ist einer der größten Rohstofflieferanten weltweit. Tantal, Kobalt, Wolfram, Zinn und Gold sind einige der Rohstoffe, die für die Herstellung eines Handys benötigt werden. Sie alle werden vorwiegend in dem westafrikanischen Staat gefördert. Doch seit Jahren tobt ein blutiger Bürgerkrieg in dem bevölkerungsreichen Land. 40 bis 50 unterschiedliche bewaffnete Gruppen kontrollieren einen Großteil der 900 Minen und finanzieren sich mit dem Verkauf der begehrten Handy-Rohstoffe ihren mörderischen Lebensstil.

Menschen aus den umliegenden Dörfern, darunter meist auch Kinder, werden von den Rebellen gezwungen, mit bloßen Händen oder einfachen Schaufeln, die Stoffe aus dem Boden zu befördern. Über mehrere Zwischenhändler gelangen die Metalle dann nach Asien, wo sie weiterverarbeitet und nach Europa verschifft werden. Das Absurde: Je weiter sich die Rohstoffe von ihrem ursprünglichen Ort der Entstehung, dem Kongo entfernen, desto höher wird der Profit. Am Ende kostet ein neues Smartphone in den Läden Westeuropas bis zu 700 Euro. Ein Arbeiter im Kongo bekommt allerdings lediglich ein paar Cent für seinen Beitrag in der Wertschöpfungskette.

"Blutgold" fürs Smartphone

Die Debatten über die Handyproduktion in der DR Kongo beschränken sich oft auf die Stoffe Tantal und in diesem Zusammenhang Coltan. Doch es gibt einen Rohstoff der ebenfalls im Kongo abgebaut wird und seit neuerem eine wesentliche Einnahmequelle für Rebellengruppen darstellt: Gold. In welchen Mengen der wertvolle Rohstoff abgebaut wird, ist nicht genau bekannt, da er zumeist illegal befördert und außer Landes geschafft wird. 98 Prozent des gewonnen Goldes wird den Vereinten Nationen zufolge ins Ausland geschmuggelt. Kongolesische Offiziere haben sich aufgrund strengerer internationaler Restriktionen in Bezug auf Konfliktrohstoffe im vergangenen Jahr stärker auf den Goldhandel fokussiert. Unsere Mobiltelefone enthalten mehr Gold als Tantal.

Kinder arbeiten für unsere Handys

Apple, Samsung und Sony werden von Amnesty International in ihrem aktuellen Bericht über Kobalt-Abbau in der DR Kongo kritisiert. Kobalt wird für die Akkus in unseren Handys benötigt. Die Unternehmen kümmert es Amnesty zufolge nicht, ob in ihren Minen Kinder beschäftigt seien. Manche von ihnen sind gerade erst sieben Jahre alt.

"Die Edel-Shops und innovativen Marketingkampagnen der Technologiekonzerne stehen im krassen Widerspruch zu dem Bild von Steine schleppenden Kindern und Minenarbeitern, die sich durch enge handgegrabene Schächte winden und dabei ihre Lungen ruinieren", sagt Mark Dummett, Forscher für Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty International.

Die Hälfte des weltweit gewonnenen Kobalts wird in der Demokratischen Republik Kongo gewonnen. Händler kaufen in Minen, in denen unmenschliche Arbeitsbedingungen vorherrschen. Abnehmer des begehrten Rohstoffes ist das Unternehmen Congo Dongfang Mining (CDM), eine Tochtergesellschaft des chinesischen Rohstoff-Riesen Zhejiang Huayou Cobalt Ltd. Danach wird der Handyrohstoff nach China und Südkorea weiterverkauft. Am Ende der Kette stehen Konzerne wie Apple, Sony und Microsoft. Auf Anfrage von Amnesty International waren viele Hersteller nicht in der Lage zu sagen, ob sie Kobalt aus der Demokratischen Republik bezogen.

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