Im Streit zwischen der US-Bundespolizei FBI und Apple über ein verschlüsseltes iPhone erhält der Computerkonzern überraschende Hilfe von Ex-NSA-Chef Hayden. Bill Gates dagegen kritisiert die Haltung Apples.
Washington/Wien. Am Anfang ging es um ein simples iPhone 5c. Mittlerweile geht es um die Zukunft der Privatsphäre und die Frage, ob ein Unternehmen Menschen dabei helfen darf, ihre Daten geheim zu halten – auch und vor allem vor dem Staat.
Darf also ein Unternehmen – in dem Fall Apple – eine Software anbieten, die alle Daten löscht, wenn man zehn Mal ein falsches Passwort eingegeben hat? Das FBI möchte diese Funktion deaktiviert haben, um den Zugang zu den Daten hacken zu können – vorerst nur beim iPhone des Attentäters von San Bernardino, der im Dezember vergangenen Jahres 14 Menschen getötet hat. Doch Apple fürchtet bei einer Einwilligung gezwungen zu werden, diese Funktion per Update künftig bei allen Handys ausschalten zu müssen.
In dem Streit erhält der Computerkonzern nun überraschende Hilfe. Ausgerechnet der frühere Chef der US-Lauschbehörde National Security Agency (NSA), Michael Hayden, versteht die Haltung Apples. Zwar sehe er im konkreten Fall kein wirkliches Problem für den Datenschutz, so Hayden zur Zeitung „USA Today“. „Aber grundsätzlich bin ich gegen die Absicht der Regierung. Jim (FBI-Chef Jim Comey, Anm.) möchte eine Hintertür für die Exekutive in allen Geräten weltweit haben. Ich glaube, dass so etwas die amerikanische Sicherheit gefährdet, auch wenn es Jims Arbeit in bestimmten Fällen einfacher machen würde.“
Bemerkenswert ist diese Stellungnahme gerade auch deshalb, weil in der Zeit von Michael Hayden als NSA-Chef (1999 bis 2005) viele Spähprogramme eingeführt wurden. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 bereitete er das breit angelegte Abhör- und Lauschprogramm der USA vor, das von Edward Snowden aufgedeckt wurde. Michael Hayden agierte von 2006 bis 2009 auch als Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA.
Google steht Apple bei
Noch bevor Haydens Aussagen gestern bekannt wurden, ergriff auch Microsoft-Gründer Bill Gates Partei in dem Streit – allerdings gegen Apple. Er sehe in der Frage keinen Präzedenzfall, der in Zukunft die Privatsphäre gefährden würde, betonte Gates in einem Interview mit der „Financial Times“ (Dienstagsausgabe).
„Das ist ein konkreter Fall, in dem die Regierung nach Zugang zu Informationen fragt“, sagte Gates. Die Situation sei nicht anders als bei einer Telekomfirma oder einer Bank.
Mit dieser Aussicht steht Gates in der IT-Welt freilich allein da. Auch die von ihm gegründete Firma hatte sich als Teil eines Zusammenschlusses mehrerer Computerfirmen gegen das FBI gestellt. Selbst geäußert hat sich Microsoft-CEO Satya Nadella in der Frage öffentlich allerdings noch nicht.
Gestern legte Googles Android-Chef, Hiroshi Lockheimer, nach. „Es ist eine ganz neue Situation, in der verlangt wird, ein Produkt zu verändern, um einen Sicherheitsmechanismus zu umgehen“, betonte Lockheimer am Dienstag auf dem Mobile World Congress in Barcelona. „Wenn es einmal so weit kommt, kann es auch immer wieder passieren“, erklärte der Google-Manager seine ablehnende Haltung. (red./ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)