Mobilfunkstörung auf dem Weg nach Brüssel

Johannes Gungl.
Johannes Gungl.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die drei heimischen Telekombetreiber wollen Österreichs RTR-Chef als EU-Telekomregulator verhindern.

Vorfreude ist die schönste Freude, heißt es im Advent immer. Das stimmt freilich nur dann, wenn man sich nicht umsonst freut. Genau dieses Schicksal könnte nun jedoch dem österreichischen Telekomregulator Johannes Gungl ereilen. Geht alles glatt, wird sein Aufstieg zum Chef des europäischen Telekomregulators Berec diese Woche besiegelt.

Doch den österreichischen Mobilfunkern schmeckt das ganz und gar nicht. In einem gemeinsamen Brief drängen sie den Regulator, seine internationalen Ambitionen hintanzustellen und sich stattdessen besser um seinen Heimmarkt zu kümmern. Der „europäische Diskurs“ müsse „gegenüber nationalen Aufgaben zurückweichen“, schreiben A1-Chefin Margarete Schramböck, „3“-Chef Jan Trionow und T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth in dem Brief, der der „Presse“ vorliegt.

Aber warum interessieren sich die Vorstände dreier Großunternehmen so sehr für den Karriereweg „ihres“ Regulators? Der Berec-Vorsitz koste zu viel Zeit und Geld, argumentieren sie in dem Schreiben. Tatsächlich will die RTR ihre Reisekosten in diesem Bereich schon 2017 um acht Prozent erhöhen, obwohl die Amtsperiode erst 2018 zu laufen beginnt. Die Gesamtkosten steigen um fünf Prozent – bezahlen müssten das zu einem Großteil die Telekombetreiber selbst. Auch der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen: „Es ist natürlich sehr ehrenvoll, aber man macht zwei Jobs auf einmal“, sagt Georg Serentschy, Gungls Vorgänger bei RTR und Berec.

In Österreich gebe es genug offene Baustellen, die den „vollen Fokus“ der RTR verlangten, betonen die Mobilfunkbetreiber. So warten sie noch immer auf die versprochene Lösung bei den Terminierungsentgelten. Derzeit müssen heimische Mobilfunker bei Anrufen nach Deutschland mehr zahlen als umgekehrt. Österreich brauche auch „dringend regulatorische Unterstützung für den Breitbandausbau, sonst werden die Chancen der Digitalisierung nicht realisiert werden“.

Es gibt aber auch noch einen anderen Grund für das Störfeuer: Die Mobilfunker sind einfach sauer auf Johannes Gungl. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die RTR kürzlich Verfahren gegen die Mobilfunker wegen Verletzung der Netzneutralität eingeleitet hat. Im Visier stehen deren Musikstreamingangebote ebenso wie simple Spamfilter oder Kinderschutzprogramme. „Überregulierung auf allen Ebenen“, schimpfen die Firmen. Und die Aussicht, einen derartigen „Hardliner“ in Brüssel zu wissen, trägt offenbar nicht zur Beruhigung bei.

Der ambitionierte Behördenchef gibt sich „unbeeindruckt“. Die zusätzlichen Kosten würden von der EU erstattet, die Zusatzbelastung für ihn sei groß, aber schaffbar. Vor allem aber: „Wenn Österreich das machen will, dann jetzt“, sagt er. 2018 wird die Diskussion über den neuen europäischen Rechtsrahmen für Telekombetreiber in die finale Phase gehen. Genau dann wolle er „im Interesse der heimischen Kunden mitreden“. Aber auch für Österreichs Industrie könne die (zumindest örtliche) Nähe zum EU-Regulator „durchaus Vorteile bringen“.

matthias.auer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2016)

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