"Die Zeit drängt": TV und Handy streiten um Frequenzen

Nicht immer sind TV-Anbieter und Handybetreiber so vereint
Nicht immer sind TV-Anbieter und Handybetreiber so vereintAP (Kai-uwe Knoth)
  • Drucken

Mobilfunker und TV-Betreiber streiten sich, wer die "digitale Dividende" erhalten soll. Einigkeit besteht nur darin, dass die Politik zu lange gezögert hat. DiePresse.com war bei einer Diskussionsrunde dabei.

Die Netze werden immer stärker belastet, daher rufen Mobilfunkbetreiber nach neuen Frequenzen. Das Problem: Diese müssen erst von der Politik zugeteilt werden. Deshalb ist seit einiger Zeit ein Streit zwischen Mobilfunkern und TV-Anbietern wie dem ORF ausgebrochen. Letztere sehen eine Gefahr für ihre Infrastruktur und fordern die Frequenzen für sich. Dabei sind diese Frequenzbänder gerade dadurch frei geworden, dass TV-Signale von analog auf digital umgestellt wurden - daher auch die Bezeichnung "digitale Dividende". Zum ersten Mal traf sich daher eine Gruppe der jeweiligen Interessensvertreter gemeinsam mit Politikern, um das Problem zu erörtern. Dabei zeigten sich die Teilnehmer nur marginal kompromissbereit.

ÖVP will Frequenzen für Mobilfunker

Karin Hakl, Innovationssprecherin der ÖVP, machte ihre Position von Anfang an klar. Ihrer Meinung nach sollten die freigewordenen Frequenzen den Handybetreibern zugewiesen werden, da die flächendeckende Versorgung Österreichs mit mobilem Breitband wichtig für die Zukunft sei. In dieselbe Kerbe schlagen naturgemäß die Mobilfunker. Michael Krammer, CEO von Orange, erläutert, dass durch die Vergabe neues Geld in Form von Frequenzgebühren an den Staat fließen würden, was allen Bürgern zugute käme. Bereits jetzt würden Österreichs Netzbetreiber insgesamt 20 Millionen Euro an Gebühren pro Jahr entrichten. Auch T-Mobile-Chef Robert Chvátal wünscht sich eine Vergabe für Handynetze. "Österreich ist ein mobiles Land", betont Chvátal, dennoch seien die besten Zeiten aber vorbei. Durch die digitale Dividende müsse man weniger Standorte aufbauen, was auch die Umwelt schonen würde.

Risiko für Landesverteidigung?

Anders sieht das Kurt Gartlehner, Innovationssprecher der SPÖ. Für ihn sind Funknetze aus "wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gründen" nicht ausreichend. Man müsse viel mehr in Glasfasernetze investieren. Dagegen sei "ein Netz, das bei einem Sturm drei Tage ausfällt" nicht brauchbar. Krammer erwidert vehement, dass nur 20 Prozent der Netzausfälle auf Funkprobleme zurückzuführen seien. Noch dazu würde die Verfügbarkeit von Mobilfunknetzen 99,85 Prozent betragen. Noch dazu würde sich kein privater Investor finden, der in jedes Tal Glasfaserkabel legen würde. "Das müssen dann Sie bezahlen", so Krammer zu Gartlehner. In Sachen Landesverteidigung widerspricht der Orange-Chef ebenfalls energisch: "Ich bin sieben Jahre Berufsoffizier gewesen und sage Ihnen: 90 Prozent der Kommunikation im Militär läuft über Funk."

Pluralität durch Fernsehen

Ebenfalls gegen die Vergabe an Mobilfunker ist Michael Wagenhofer, Chef der für die Senderinfrastruktur zuständige ORF-Tochter ORS. Er warnt vor "Kollateralschäden" durch Frequenzüberlagerungen und betont, dass nur der Rundfunk "flächendeckende Pluralität" bieten kann. Für Breitband brauche man mit steigendem Bedarf immer mehr Ressourcen. Das TV-Signal könnten dagegen mehrere hunderttausend Kunden gleichzeitig sehen. Außerdem sei man im TV-Bereich bereits jetzt an die Grenzen gestoßen. Die Mobilfunker hätten dagegen noch Frequenzen frei. Hier ist er auf einer Linie mit Günther Singer, Vorsitzender der Berufsgruppe "Kabel-TV". Millionen von Bürgern wären betroffen, wenn die digitale Dividende an die Handybetreiber gehen würde, so Singer.

"Übertriebene Probleme"

Darüber wundert sich Chvátal. Seinen Angaben nach würden ledigliche fünf Prozent der Österreicher ihr TV-Signal über ein terrestrisches Signal beziehen, der Rest verwende Kabel und Satellit. Die postulierten Störungen nennt er "übertrieben". Unabhängig davon, wer die Frequenzen bekommt, sei aber wichtig, dass die Politik eine Entscheidung fällt. "Wir haben keine Zeit", sagt der Firmenchef. Bis 2015 zuzuwarten, wie Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) angekündigt hat, sei einfach zu lang. Es müsse geregelt werden, wer die Frequenzen bekommt, dann könne man sich an die Problemlösungen machen. Vorher könne man keine Investitionsentscheidungen fällen. Dass es eine rasche Entscheidung geben müsse, sehen auch Wagenhofer und Singer so. Allerdings würden sie sich zuerst eine Lösung für potenzielle Konflikte zwischen den Branchen wünschen, bevor die Vergabe fest steht.

(db)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.