T-Mobile-Chef: Blackberry hat es schwerer als Nokia

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PK T-MOBILE AUSTRIA: CHVATAL/GOELLRICH(c) APA (Robert Jaeger)
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Robert Chvátal spricht mit DiePresse.com über die Herausforderungen für Nokia und den Blackberry-Konzern, über Netzausbau und Roaming.

DiePresse.com hat im Vorfeld des kommenden Mobile World Congress, der vom 27. Februar bis 1. März in Barcelona stattfindet, mit allen Mobilfunk-Chefs Österreichs über die "Lage der Handynation" gesprochen. Bereits erschienen sind die Interviews mit 3-Chef Jan Trionow und Orange-Chef Michael Krammer. T-Mobile-Österreich-Chef Robert Chvátal erzählt, dass die Smartphone-Nutzung im Ausland noch billiger wird und glaubt an die Zukunft von Nokia und Microsoft am Smartphone-Markt. Der Blackberry-Konzern Research in Motion werde es schwieriger haben, erklärt er im Gespräch.

DiePresse.com: Wie läuft das Geschäft mit Windows Phone?

Robert Chvátal: Ich denke, das ist noch zu früh, das zu beurteilen. Ich lese aber fast nur gute Berichte über Windows Phone. Ich verwende gerade unter anderem das Lumia 800 und ich finde es gar nicht so schlecht. Wir begrüßen einen Wettbewerb bei Betriebssystemen. Vor der Partnerschaft zwischen Nokia und Microsoft lief der Windows-Phone-Verkauf eher schleppend, aber das war auch nicht unser Fokus. Wir geben dem System eine faire Chance. 

Glauben sie, dass die Partnerschaft von Microsoft und Nokia die beiden Unternehmen wieder ins Smartphone-Rennen bringen könnte?

Ich denke, dass beide nach wie vor sehr starke Muskeln haben. Sie haben gute Chancen. 

Wie stehen diese Chancen für den schwächelnden Blackberry-Konzern Research in Motion?

Blackberry war immer ein Business-Gerät und hat sich bei Privatanwendern nie richtig etabliert. Speziell in Europa nicht. Die wurden vom iPhone und von Android überrollt. Das Blackberry-Tablet war auch ein Flop. Ich glaube, die haben es jetzt sehr schwer. Auch geräteseitig hat Blackberry ja immer stark auf Tastaturen gesetzt. Es gibt jetzt einen neuen Chef, auf den sicher noch größere Herausforderungen warten als auf die Allianz aus Nokia und Microsoft. 

Sollte Blackberry sein Betriebssystem lizenzieren und anderen Herstellern zur Verfügung stellen wie etwa Google?

Ich glaube nicht, dass das passiert.

Samsung hat in Österreich Nokia nicht nur am Smartphonemarkt überholt, sondern auch bereits am Handymarkt. Warum ist das ihrer Meinung nach passiert?

Das ist natürlich schmerzhaft für Nokia nach so vielen Jahren Marktführerschaft. Manchmal ist das aber nicht schlecht. Wenn man zu lange an der Spitze ist, braucht man vielleicht mal einen neuen Blickwinkel, aus dem man die Welt betrachtet. Ich würde das nicht als das Ende der Welt sehen. Samsung hat das geschafft, weil sie relativ bald auf bestimmte Betriebssysteme gesetzt haben und gute Hardware anbieten. Es sind sehr zuverlässige Geräte. 

Hat Nokia eine Chance, den Spitzenplatz am Handymarkt wieder zurückzuerobern?

Weltweit ist Nokia im Billigsegment ja noch immer vorne, gerade in den Entwicklungsländern. Bei Smartphones versuchen sie es eben mit der Allianz mit Microsoft.

Kommt irgenwann der Zeitpunkt, an dem sich nicht mehr jeder Hersteller am iPhone messen muss?

Ich glaube, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen "mobile devices", also Laptops, Tablets, Smartphones, immer stärker verschwimmen werden. Es geht letztendlich um ein gutes Ökosystem zwischen Smartphones, Tablets und leichten Laptops gehen wird. Ich glaube persönlich ganz besonders an die Zukunft der Tablets. Tablets haben eine sehr große Reichweite, wenn es darum geht, wer sie aller bedienen kann. Tablets werden jetzt auch für Kinder eingesetzt, für Bildung und die Einsatzbereiche werden immer mehr. Auch ganz besonders die ältere Generation kann mit Tablets besser umgehen, weil sie so leicht zu bedienen sind. Und Tablets bieten alle Grundlagen, die man braucht: Einfaches E-Mailen, Browsen und eine sehr intuitive Bedienung. Diese Entwicklung geht viel schneller, als wir denken. Ich glaube, für die Hardwarehersteller wird es genau darum gehen, die Grenzen hier verschwimmen zu lassen. Samsung ist da ein gutes Beispiel. Die haben sogar noch das Galaxy Note, das die Lücke zwischen Tablet und Smartphone füllt. Und genauso wie bei Apple, ist das Nutzungserlebnis ganz ähnlich und man kann seine Daten einfach auf jedes dieser Geräte mitnehmen, da sie in der Cloud (Online-Speicher, Anm.) lagern. 

Was halten sie davon, dass Apple versucht anderen Herstellern - konkret Samsung - zu verbieten rechteckige Tablets mit abgerundeten Ecken herzustellen?

Ich finde das verständlich. Apple war der erste mit einem Tablet dieser Art. Zuerst haben sie das Smartphone neu erfunden, dann das Tablet. 

Verkauft sich das iPhone 4S genauso gut wie die iPhone-Modelle davor?

Ich denke schon, ja.

Wie geht bei T-Mobile der Ausbau des LTE-Netzes voran?

LTE

LTE war letztes Jahr ja Ende 2010 sehr aktuell, weil es die Auktion der 2,6 Gigahertz Frequenzen gab. Aber auch schon davor hatte T-Mobile in Innsbruck das erste Live-LTE-Netz. Von dort aus haben wir dann in vier weitere Städte ausgebaut, nämlich in Innsbruck, in Graz, in Wien und in Linz. Wir haben mit Ende 2011 eine Abdeckung von ungefähr 9 Prozent der Bevölkerung, das sind 600.000 Haushalte. Das ist wie mit allen neuen Technologien - es muss zu einem gewissen "tipping point" kommen. Da geht es um den Versorgungsgrad, aber auch um die Geräte. Momentan gibt es ja nur mobiles Breitband und noch kaum Smartphones. Das wird noch dauern. "Long Term Evolution" ist ein neuer Standard für mobiles Breitband-Internet. LTE verspricht Download-Geschwindigkeiten von bis zu 300 Megabit pro Sekunde statt derzeit gängiger HSDPA-Raten von 3,6 Megabit pro Sekunde. In Österreich ist das Netz bisher nur wenig ausgebaut. Die Mobilfunker warten auf die Versteigerung der 800-Megahertz-Frequenzen im Herbst, um den Ausbau am Land zu starten.

Braucht man mit LTE überhaupt noch ein Festnetz?

LTE ist auf jeden Fall eine Alternative wenn es um einen Breitbandanschluss geht. Nicht jeder Haushalt in Österreich wird eine Glasfaser-Anbindung mit 100 Megabits pro Sekunde haben - das wird es nur in wenigen Haushalten geben. Gerade außerhalb der Städte. LTE ist viel schneller beim Ausbau als Glasfaser.

Wieveile LTE-Kunden hat T-Mobile bereits?

Das geben wir noch nicht bekannt.

Vergangenes Jahr hat sich im Bereich Roaming einiges getan. Wieviele Kunden haben die neuen Pauschalpakete angenommen?

Das Datenvolumen beim Roaming hat sich vervierfacht. Datenroaming ist bei uns um ungefähr 90 Prozent günstiger geworden. Auch die Kostenkontrolle ist viel besser geworden. 

30 Euro für fünf Megabyte sind aber eigentlich noch immer teuer. Gibt es da noch Spielraum nach unten?

Das hängt immer davon ab, wie wir das mit anderen Betreibern ausverhandeln. Im Ausland nutzt man ja nicht unser Netz, sondern ein Partnernetz. Ich denke, ja.

Wieviel kostet T-Mobile ein Roaming-Megabyte?

Das hängt vom Partner ab. Das können wir so nicht sagen.

In Österreich sind Wertkartenangebote stark im Aufschwung. Ist der klassische Zweijahresvertrag ein Auslaufmodell?

Ja und nein. Die SIM-only-Angebote sind auch günstig, kommen aber ohne Handy. Und Smartphones sind ganz einfach teuer und werden es auch bleiben. Vergangenes Jahr haben 65 Prozent unserer Kunden zu einem Smartphone gegriffen. Der Vorteil des Zweijahresvertrags ist eben, dass das Smartphone sehr stark subventioniert ist. Ich glaube, die Mehrheit der  Kunden wird das weiterhin schätzen. Smartphones mit Pre-Paid-Karten sind selten.

Die Kurzfunk-Technik NFC geistert schon seit Jahren als eines der ganz heißen Themen durch die Mobilfunkwelt. Langsam kommen die Geräte, aber an Diensten fehlt es noch. Wird sich das heuer ändern?

NFC

Als sehr kompetitive Branche versuchen wir immer ein bisschen auf Exklusivität zu setzen. Jeder will immer der erste, beste und größe sein. Bei Geschichten wie NFC müssen drei Dinge zusammenkommen. Es müssten genügend Geschäfte - also nicht nur eine Handelskette - mitspielen (NFC wird für drahtlose Zahlungen genutzt, Anm.). Dann muss es genügend Geräte geben, nicht nur einige wenige Exoten. Und außerdem kann das nicht nur von einem Betreiber getragen werden. T-Mobile ist der Ansicht, dass man das gemeinsam angehen sollte. Ich kann ja NFC-Zahlung in einem Supermarkt nicht nur für 30 Prozent der Kunden anbieten.  Near Field Communication (NFC) ist ein Standard zur drahtlosen Übertragung von Daten über eine Strecke von maximal zehn Zentimetern. Das System kommt vor allem bei drahtlosen Bezahldiensten oder bei Zugangskontroll-Systemen per Handy zum Einsatz. Bisher gibt es noch sehr wenige Geräte, die NFC unterstützen.

Wieviele Jahre ist das noch entfernt?

Jetzt haben sich zumindest mal die 45 wichtigesten Mobilfunkbetreiber auf einen simbasierten NFC-Standard geeinigt. 

Was erwarten Sie vom heurigen Mobile World Congress?

Ich glaube, dass dieses Verschwimmen der Grenze zwischen den verschiedenen mobilen Geräten ein großes Thema sein wird. Und im Bereich Roaming erwarte ich mir, dass man bessere Vereinbarungen trifft. 

Das Gespräch wurde vor der offiziellen Bekanntgabe der Übernahme von Orange durch Drei geführt. Das Interview zu diesem Thema ist bereits gesondert erschienen.

Robert Chvátal ist seit 2007 Chef von T-Mobile Österreich. Zuvor leitete der gebürtige Tscheche T-Mobile in der Slowakei. 

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