Lumia einsame Windows Phone

Lumia 610: Das einsame Windows Phone

Das Lumia 610 ist das erste Windows Phone mit billigerer Hardware. Es ist aber auch die einzige große Neuankündigung für das Microsoft-System.

Das Lumia 610 ist das jüngste Mitglied der neuen Windows-Phone-Serie von Nokia. Das Smartphone selbst ist zwar auf dem Mobile World Congress, der größten Mobilfunk-Messe, kein Highlight. Im Gegenteil: Die Technik ist im Vergleich zu anderen Neuvorstellungen eher unterdurchschnittlich. Für Nokia und Microsoft ist es aber ein bedeutender Schritt. Mit dem günstigen Windows Phone sollen neue Märkte erobert werden, um jene kritische Masse an Nutzern zu erreichen, die dem jungen Betriebssystem auf die Beine hilft. „Viele Nutzer machen das System für Entwickler und Hersteller attraktiv, und viele Apps und Smartphones locken wieder mehr Kunden“, erklärt Microsofts Windows-Phone-Manager Greg Williams im Gespräch mit der „Presse“. Schätzungen zufolge hat Windows Phone derzeit einen Marktanteil von nur zwei Prozent. In den Entwicklungsländern liegt das größte Marktpotenzial, und gerade dort hat es Windows Phone derzeit besonders schwer. Microsoft hat sich zu Beginn dafür entschieden, hohe Hardware-Anforderungen an die Hersteller zu stellen, um Kunden nicht zu enttäuschen, wenn das grafisch aufwendige Betriebssystem nicht flüssig läuft, erklärt Williams.

Nicht für alle Apps.
Um mehr Kunden erreichen zu können, hat Microsoft nun die Anforderungen gelockert. Bei der Bedienung des Lumia610 fällt der schwächere Prozessor und geringere Arbeitsspeicher kaum auf – lediglich einige Apps, besonders Spiele, lassen sich nicht installieren. Dafür ist der Preis mit angekündigten 189Euro sehr niedrig. Aber es gibt auch andere Hürden beim Erschließen neuer Märkte. So ist der Marketplace, der App-Store von Windows Phone, nach wie vor nur in einigen Ländern verfügbar. „In Kasachstan können wir Lumia zum Beispiel nicht anbieten“, erklärt Nokias Windows-Phone-Chef Kevin Shields. Das mag zunächst nicht so wichtig klingen. Aber in Entwicklungsländern liegt der Anteil an Smartphones unter den Mobiltelefonen im niedrigen einstelligen Bereich. Mobilfunker in Entwicklungsländern stellen sich allerdings Smartphones mit einem Kostenpunkt unter 50 Euro vor. Nokias 610 hat gerade einmal die 200-Euro-Grenze unterschritten. Zwar ist derzeit auch die Konkurrenz noch nicht so weit, aber das könnte sich bald ändern. Analysten des Marktforschers NPD prophezeien Billig-Smartphones mit Android für 2015 in Entwicklungsländern wie China und Indien einen Marktanteil von 80 Prozent.

Für Android wird das allerdings auch eine noch stärkere Fragmentierung bedeuten. Das aktuellste Android 4.0 stellt hohe Anforderungen an die Hardware, weshalb Billig-Smartphones mit älteren Versionen des Systems angeboten werden. Für Microsoft würde das nicht infrage kommen. Für Nokia und Microsoft ist der Smartphone-Markt in Entwicklungsländern also eine schwierige Aufgabe. Denn gleichzeitig wollen ja auch in den westlichen Ländern die Marktanteile wieder ausgebaut werden. Zwar ist Nokia bei Windows Phones nach nur einem Quartal Marktführer, insgesamt konnten die Lumia-Verkäufe aber noch nichts an den niedrigen Smartphone-Marktanteilen ändern. Und Microsoft hängt da tiefer mit drinnen, als offiziell zugegeben wird. Für Microsoft ist der Deal nicht exklusiv, betont Sullivan. Soll heißen: Auch andere Hersteller bieten Windows Phones an. Am Mobile World Congress war davon jedoch kaum etwas zu merken. Weder Samsung noch HTC stellten neue Windows-Smartphones vor. Es scheint, als würde die Konkurrenz nun warten, bis Nokia und Microsoft Windows Phone zu einem relevanten Player auf dem Markt gemacht haben, bevor sie wieder in das Spiel einsteigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2012)


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