Microblogging: Als die Suppe fast gekocht hätte

Die Gründer 2007: Christopher Clay, Esad Hajdarevic und Florian Hufsky (v. l.).
Die Gründer 2007: Christopher Clay, Esad Hajdarevic und Florian Hufsky (v. l.).Soup.io
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Sie wollten das Microblogging revolutionieren, bevor Twitter und Facebook groß wurden. Fast hätten sie es auch geschafft. Aber eben immer nur fast. Was wurde eigentlich aus Soup.io?

Damals, 2007, war die Idee noch irgendwie revolutionär. Drei Gründer rund um den Wiener Christopher Clay haben sich zusammengetan, um das Microblogging neu zu definieren.

Facebook war damals noch nicht so groß, Twitter ebenso kaum bekannt, aber Clay und seine zwei Mitstreiter (Esad Hajdarevic und Florian Hufsky) wollten das Publizieren, Teilen, Finden und Sehen im Netz schon einfacher und überschaubarer machen. Das heißt: hier einmal ein Blogeintrag, dort einmal eine kurze CD-Kritik, vielleicht auch noch ein Foto, alles zusammen ergibt das ein persönliches Süppchen, das jeder für sich kochen kann – Soup.io.

Und die Idee hatte Erfolg. Oder fand zumindest ihre Anhänger, damals 2008, als die Firma gegründet wurde. Soup.io war das erste österreichische Start-up, das das prestigeträchtige Seed-Camp gewonnen hat. Ein Start-up-Accelerator-Programm, hinter dem über 30 Institutionen wie Google stehen. Mit ihrem Geld, ihrem Know-how und ihren Kontakten.

Nur das Timing, wird Christoph Clay später erzählen, das war schlecht. Denn nachdem seine Firma den Wettbewerb gewonnen hatte, brach wenig später die Finanzkrise aus. Danach, sagt Clay, saß das Investorengeld gar nicht mehr so locker. Das Start-up machte trotzdem weiter. Fand andernorts Investoren, bekam Förderungen, brachte eine neue Version heraus und kam so immer wieder zu neuen Usern, in den besten Zeiten waren es 70.000 aktive Nutzer und ungefähr eine Million Besucher auf der Seite im Monat. Immer wieder gab es Leute, die an das Start-up glaubten, aber durchsetzen konnte es sich nicht. Fast wäre Dave McClure (später Gründer von 500Start-ups) bei Soup.io eingestiegen, und der „Guardian“ wählte das Start-up 2009 zu den Top 100 der wichtigsten Websites des Jahres.

Wie verdient man damit Geld? Aber so richtig hob Soup.io nie ab. 2011 hörte Christopher Clay auf, an Soup.io zu arbeiten. „Ich glaubte nicht mehr daran, dass daraus ein nachhaltiges Geschäftsmodell entstehen könnte“, sagt er heute. Also entschlossen er und seine Kollegen sich, das Konzept ein letztes Mal zu adaptieren. Aus Soup.io sollte Soup.me werden. Ein aus Elementen des alten Unternehmens bestehendes Glanzstück, ebenfalls eine Socialmedia-Plattform, aber mit schönerem Design und einer besseren Oberflächennutzung.

Dem Start-up gelang es noch einmal, 200.000 Euro an Finanzierung aufzustellen. Es bekam auch für die neue Version ausgezeichnetes User-Feedback – doch wieder reichte es nur fast. „Bei den User-Tests hat sich ergeben, dass die Bedienung noch nicht intuitiv genug war“, sagt Clay. Also entwickelten sie User-Cases, Beispiele wie man Soup.me am besten verwenden könnte. Dann ging ihnen das Geld aus.

Clay stieg gegen Ende 2012 – ebenso wie andere Investoren – aus dem Unternehmen aus. Der Rest wurde an einen österreichischen Unternehmer verkauft, der damit alle Anteile hielt, bis auf jene der ersten Investoren, der Firma Star Equity. „Mir war es damals wichtig, dass die Plattform online bleibt“, erinnert sich Clay an den Verkauf. Er ist dann in die Politik gewechselt, hat sich für die Piraten bei der Nationalratswahl 2013 aufstellen lassen und war als Pressesprecher für das Bündnis Europa anders – bestehend unter anderem aus der Piratenpartei und der KPÖ – tätig. Seit Kurzem ist er nun Pressesprecher für Julia Reda, das einzige Mitglied der Piratenpartei, das ins EU-Parlament eingezogen ist.

Von seinen Wegbegleitern bei Soup.io arbeitet Andreas Fuchs, der kurz nach der Gründung des Unternehmens eingestiegen ist, derzeit in San Francisco für das Online-Payment-Start-up Stripe. Mitgründer Esad Hajdarevic, ist App-Entwickler und war wiederum für die in Österreich beliebte Öffnungszeiten-App verantwortlich.

Rege Community. Soup.io ist übrigens noch immer online. Und wächst wieder. Vor Kurzem hatte die Plattform mit 3,2 Millionen Besuchern im Monat die höchste Besucherzahl seit der Gründung erreicht. Denn mittlerweile gehört das Unternehmen wieder zu 100 Prozent den ersten Investoren rund um die Firma Star Equity Gmbh – die zwar noch die alte Software, aber mit mehr Leistung nutzen. Das dürfte den Usern gefallen: „Die Plattform ist merkbar schneller und zuverlässiger geworden“, sagt Clay. Bald kommt auch eine App auf den Markt.

Soup.io

Microblog. 2007 wurde Soup.io mit dem Gedanken gegründet, das Microblogging zu revolutionieren. Das Posten von Fotos oder das Schreiben kurzer Kommentare etc. sollte so einfach wie möglich sein.

3,2 Millionen Besucher hat Soup.io mittlerweile im Monat. So gute Zugriffszahlen hatte es noch nie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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