Kreativwirtschaft: Hürden nach wie vor groß

Harald Mahrer will junge Betriebe fördern.
Harald Mahrer will junge Betriebe fördern.APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Die Zahl der Betriebe wächst nicht mehr so stark wie früher, ergibt der sechste Kreativwirtschaftsbericht. Um Firmen zu fördern, kann sich Staatssekretär Harald Mahrer Lohnnebenkostenbefreiung für bis zu fünf Mitarbeiter vorstellen.

Es sind die jungen Kreativen mit ihren innovativen Ideen, die Österreichs Wettbewerbsfähigkeit stärken sollen – das ist sowohl von Forschern als auch von Politikern immer wieder zu hören.

Sie sind es, die aus einer einfachen Bohrmaschine ein Trendgerät für Handwerker schaffen. Oder sie verwandeln eines von unzähligen österreichischen 4-Sterne-Hotels in ein Designhotel und damit später in einen Touristen-Hotspot: Softwareentwickler, Werbefachleute, Architekten und Designer ebenso wie Beschäftigte in den Bereichen Video und Film, Musik, Buch und künstlerische Tätigkeit sowie dem Verlagswesen. „Wenn wir im nationalen und internationalen Vergleich vorne mit dabei sein wollen, müssen sich österreichische Unternehmen anders definieren. Sie müssen trendig sein“, erklärt Martha Schultz, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich. Gemeinsam mit Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) sprach sie am Mittwoch über den sechsten Kreativwirtschaftsbericht, der nächste Woche offiziell präsentiert wird. Er hat in diesem Jahr seinen Fokus auf die Beziehung zwischen Kreativen und ihren Kunden gelegt.

Der Unterschied zum Mitbewerb

„Die zentrale Frage ist, wie sich österreichische Unternehmen vom Mitbewerb unterscheiden“, sagt Mahrer dazu. Im Liefern von Ideen, in der Veredelung, dem Verkauf und der Vermarktung von Produkten würden Kreative einen wichtigen Beitrag für den Erfolg österreichischer Unternehmen leisten. Das Ziel, erklärt der Politiker, der gerne zu englischen Wörtern greift, wenn es um junge Unternehmer geht, sei Österreich von einem „Innovationsfollower“ zu einem „Innovationsleader“ zu machen.

Derzeit macht die Kreativwirtschaft mit einer Wertschöpfung von rund 7,9 Milliarden Euro allerdings nur vier Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung aus. Insgesamt 39.000 Unternehmen und 139.600 Beschäftigte waren 2012 (die letzte Berechnungsgrundlage für den heurigen Bericht) in diesem Wirtschaftszweig tätig. Wegen der hohen Anzahl an Ein-Personen-Unternehmen (63 Prozent) machen Kreativbetriebe ein Zehntel heimischer Firmen aus. Insgesamt erzielten Sie 2012 einen Umsatz von 20,3 Milliarden Euro. Die größte und erfolgreichste Branche ist dabei die der Software und Spiele, wo rund ein Drittel der Bruttowertschöpfung und Umsätze erwirtschaftet werden. Sie ist auch der am schnellsten wachsende Kreativzweig.

Weniger neue Betriebe

Ansonsten wächst die Zahl der Betriebe nicht mehr so stark wie früher. Stieg von 2008 auf 2010 die Zahl der Kreativbetriebe um sechs Prozent, gab es von 2010 auf 2012 nur um 1,6 Prozent mehr. Beschäftigung und Umsätze wuchsen dafür von 2010 auf 2012 jeweils um sieben bzw. um elf Prozent. Damit hat sich die Kreativwirtschaft in dieser Zeit besser als die Gesamtwirtschaft entwickelt. Zwar sei die Branche in gleichem Maße wie die Gesamtwirtschaft von der Finanzkrise betroffen gewesen, erklärt Mahrer. Allerdings habe sie ihr Wachstum aufgrund ihrer Exportorientierung und Spezialisierung auf Nischensegmente bewahren können.

Trotz des konstanten Wachstums – Herausforderungen gibt es genug. Als „sehr problematisch“ sieht Mahrer das System der Förderanträge. „Die meisten Unternehmer arbeiten sowieso schon wie verrückt“, sagt er. Die komplizierte Abwicklung von Förderungen koste sie aber zusätzlich Zeit.

Eine weitere Hürde sei die Steuerlast. Vor allem der erste Mitarbeiter sei eine große finanzielle Belastung. Mahrer könne sich daher vorstellen, die derzeit bestehende Lohnnebenkostenförderung auszuweiten. Schon jetzt können Unternehmer eine Lohnnebenkostenbefreiung für den ersten Mitarbeiter beantragen. Er denkt nun darüber nach, die Gebührenbefreiung zu automatisieren, das heißt, der erste Mitarbeiter wäre von vorne herein frei.

Zusätzlich ist für Mahrer eine Ausweitung des Modells auf drei bis fünf Mitarbeiter über einen Zeitraumvon maximal fünf Jahren denkbar. „Die Frage ist, wie Missbrauch und damit zusätzliche Ausfälle für Sozialversicherung und Finanzministerium verhindert werden können“, sagt er. Schwierig sei auch die Finanzierung von Kreativbetrieben – vor allem, da die Bedeutung der Banken für die Kreativbranche seit der Finanzkrise abgenommen habe: „Die Nachfrage nach alternativen Finanzkanälen steigt, weil Banken keine riskanten Finanzgeschäfte mehr machen können.“ Außer staatlichen Förderprogrammen sei daher Crowdfunding eine relevante Finanzierungsform.

Beteiligungsfreibetrag in Arbeit

Wichtig sei zudem, Investitionen für Unternehmen, Stiftungen und Private gleichermaßen zu ermöglichen, meint Mahrer. Die ÖVP arbeite bereits an einem Modell für einen Beteiligungsfreibetrag. So könnten Privatinvestitionen in Jungunternehmen von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen werden. Österreich müsse zudem eine „Kultur des Scheiterns“ lernen, meint Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Schultz: „Es ist problematisch, dass jemand keine Förderungen mehr bekommt, wenn einmal etwas nicht funktioniert. Hier müssten auch die Regularien geändert werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.