Amiga 500: Der Kultcomputer der Neunziger wird 30

Seiner Zeit weit voraus: der Amiga 500 inkl. Monitor und zweitem Diskettenlaufwerk.
Seiner Zeit weit voraus: der Amiga 500 inkl. Monitor und zweitem Diskettenlaufwerk.(c) Bill Bertram 2006, CC-BY-2.5
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1985 schrieb Commodore mit dem Amiga ein Stück Computergeschichte. Aber erst der 1987 vorgestellte Amiga 500 brachte den großen, wenn auch nur kurzen Erfolg.

Am 23. Juli 1985 standen den Programmierern die Schweißperlen auf der Stirn. „Wird das System abschmieren“, fragten sie sich. Im New Yorker Lincoln Center fand die Premiere statt. Eine Show, die Computergeschichte schreiben sollte. Commodore hatte Hunderte Ehrengäste und viele Medien zur Präsentation geladen, um der Öffentlichkeit den Amiga zu präsentieren. Stargast war Andy Warhol. Seine Aufgabe war, ein Bild der „Blondie“-Sängerin Deborah Harry in seinem unverwechselbaren Stil zu kolorieren. Und zwar digital mit der Maus auf dem Amiga in einem Grafikprogramm. Der neue Stern am Computerhimmel konnte nämlich im Gegensatz zum Mac oder IBM-PC 4096 Farben darstellen. Allerdings war das Grafikprogramm das Problem. Es war noch nicht ausgereift und stürzte meist nach kurzer Zeit ab. Während der Generalprobe versuchten die Entwickler, Andy Warhol diesen Umstand klarzumachen, und baten ihn, nur die eingeübten Schritte am Bildschirm durchzuführen. Der Künstler hielt sich freilich nicht daran. Das Programm ließ die Commodore-Leute aber nicht im Stich. Die Show war ein voller Erfolg.

In der Tat war der Amiga 1000, wie er später heißen sollte, seiner Zeit weit voraus: Eine grafische Benutzeroberfläche, die mit einer Maus gesteuert wurde, Farbgrafik mit eben 4096 Farben, Vier-Kanal-Stereo-Sound und ein Multitasking-Betriebssystem. Das alles zu einem moderaten Preis von rund 1700 Dollar. Ein Apple Macintosh kostete das Doppelte, ein IBM-PC das Dreifache. Trotzdem setzte sich der Amiga 1000 nicht durch. Commodore vermurkste die Vermarktung und konnte den Computer nicht im Bürosegment etablieren. Die Verkaufszahlen blieben überschaubar.


Nachfolger für die „Brotkiste“. Commodore besann sich unter neuer Führung seiner Wurzeln und führte 1987 zwei neue Modelle ein: den Amiga 2000, der weiter am Büromarkt kämpfen sollte, und den Amiga 500. Ein leistungsstarker, preisgünstiger Heimcomputer im kompakten Gehäuse, der in jedes Kinderzimmer passte. Der Amiga 500 war der perfekte Nachfolger für den veralteten Kassenschlager Commodore 64, auch „Brotkiste“ genannt. Das Konzept ging auf und der Amiga 500 wurde vor allem in Europa zum Bestseller. Alleine in Deutschland verkaufte Commodore über eine Million Stück.

Unter den Jugendlichen entwickelte sich der 500er zum Kultgerät. Da die Spiele auf 3,5-Zoll-Disketten gespeichert waren, ließen sie sich sehr leicht illegal kopieren. Auf Schulhöfen und Computerpartys wurde eifrig „getauscht“. Das gefiel den Spieleproduzenten natürlich nicht und sie versuchten, Raubkopien mit einem Kopierschutz zu verhindern. Das wiederum ließ Crackergruppen entstehen, die den Kopierschutz aushebelten. Langsam kehrten die großen Spiele-Studios Amiga den Rücken, da sie im neu aufkeimenden Konsolenmarkt in den USA mehr verdienen konnten. Das war aber nicht der alleinige Grund für den schleichenden Niedergang. Das Commodore-Management verpasste wie schon beim C-64 den Anschluss. Die Gewinne, die der 500er abwarf, wurden nicht in die Weiterentwicklung des Amiga investiert. Während Spiele und andere Programme immer anspruchsvoller und leistungshungriger wurden, brachte Commodore viel zu spät deutlich stärkere Nachfolgemodelle auf den Markt. Mittlerweile hatten die IBM-kompatiblen PC aufgeholt und konnten mit VGA-Grafik und Sound Blaster bei Spielen dem Amiga das Wasser reichen. Commodore wurde 1994 liquidiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2017)

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