Zweirad-Navi für Stilbewusste

Das Tomtom Vio dient nur als Display mit GPS, die Navigation selbst übernimmt die zugehörige Handy-App.
Das Tomtom Vio dient nur als Display mit GPS, die Navigation selbst übernimmt die zugehörige Handy-App.(c) TomTom
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Es muss nicht nur den Weg weisen, ein Navi für den Roller darf auf keinen Fall die Optik stören. Das Tomtom Vio besetzt diese Marktlücke. Wie gut, das zeigten ein paar Probefahrten.

Ohne Parkplatzsorgen durch die Stadt brausen oder einen kleinen Ausflug wagen – Rollerfahren macht Spaß. Solange man sich auskennt. In unbekannten Gefilden wird rasch ein Nachteil offenbar: Es fehlt das Navi. Während im Auto zur Not das Handy lotst, ist Google als Wegweiser am Roller eine Gedächtnisübung, die nicht jeder beherrscht. Man möchte meinen, dass Motorrad-Navis hier aushelfen. Mitnichten. Was dem Roller dafür fehlt, ist schlicht eine Lenkstange, an der klassische Navis montiert werden. Kleiner Unterschied, große Wirkung. Und eine Marktnische, die bis jetzt nur Tomtom mit dem Vio besetzt hat. Dieses speziell für Roller konzipierte GPS-Gerät ist mittels eines unscheinbaren Plastik-Zylinders auch an der Rückspiegel-Stange montierbar. Das kleine, runde Gadget beeinträchtigt dort die Optik des Rollers nicht – was ja für den flotten Vespafahrer das Wichtigste ist.

Dafür nimmt man gerne in Kauf, dass das 100 Euro teure Vio nur ein Display mit GPS und Bluetooth ist. Das „Hirn“ steckt als App im Handy des Nutzers. Die Montage der Halterung dauert etwa gleich lang wie der Download von App und Karte. Die Offline-Navigation spart Bandbreite und Akku, kostet aber ein GB Speicher, für ganz Europa bis zu sechs GB. Die Verbindung baut sich nach dem ersten Bekanntmachen automatisch auf, wenn Vio, App und Bluetooth aktiviert sind, und war mit Android-Handy durchgehend stabil, (ältere) Berichte von iPhone-Usern sind durchwachsener.

Die App bietet, was man von einem Navi erwartet. Allerdings misst sie Entfernungen vom Kreuzungsmittelpunkt statt von dort, wo man tatsächlich abbiegt, und hinkt der aktuellen Position etwas hinterher. Das hat zur Folge, dass man Abzweigungen verpasst, wenn man die Meter-Angaben zu ernst nimmt. Gewöhnungssache. Es wurde übrigens primär nach Display gefahren. Wer auf Sprachkommandos nicht verzichten mag, muss einen Helm mit Bluetooth oder ein Kabel-Headset darunter tragen. Die Display-Info alleine ist aber, obwohl nur basic, bereits eine große Hilfe. Die (farblich anpassbare) Kartendarstellung ist auch bei Sonnenschein recht gut erkennbar, Regenwetter macht dem Vio ebenfalls nichts aus.

Routen plausibel, Zeiten optimistisch. Die Routen sind rasch berechnet und plausibel. Nur sind die prognostizierten Ankunftszeiten trotz Verkehrsdaten schon in der Stadt zu optimistisch. Überland wurde wohl vergessen, dass viele Roller maximal 90 fahren. Autobahnen lassen sich vermeiden, Optionen wie „kurvenreiche Strecken“ fehlen nur jenen, die das Vio auf ein echtes Bike montieren. Auch die Akkulaufzeit von nur vier Stunden ist für die Kernzielgruppe kein großes Manko. Im Wesentlichen also alles im grünen Bereich.

Anlass zur Kritik gibt vor allem, was das Navi noch können könnte. Leider hat Tomtom das Potenzial der Handy-Einbindung nicht genutzt. Statt etwa Ziele aus Google Maps direkt zu übernehmen muss man ergoogelte Adressen händisch in die App eingeben.

Nichts zu meckern gibt es am Handling. Das Display ist buchstäblich im Handumdrehen in der Halterung fixiert und ebenso rasch im Handschuhfach verstaut. Und es fügt sich sehr gefällig in die Gesamtoptik eines Rollers ein. Wer mag, kann das schwarze Gummigehäuse gegen andere Farben tauschen. Das Schutztäschchen ist praktisch, kostet aber 20 Euro extra.

Fazit: Selbst wenn die Chance auf den ganz großen Wurf vertan wurde, ist das Vio eine pfiffige Lösung und sein Geld sicher wert – zumal es im Roller-Segment praktisch ein Monopol hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2018)

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