Verhaltensforschung: Ein Mann wie der Papa, eine Frau wie die Mama

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„Sexual Imprinting“: Menschen lernen im Kindesalter, das Gesicht des jeweils andersgeschlechtlichen Elternteils attraktiv zu finden. Und suchen ihr Leben lang nach diesen Zügen.

Liebespartner ähneln einander – in Alter und sozialem Status, in Intellekt und Charakter, im Grad der Attraktivität. Und im Aussehen, vor allem in den Gesichtszügen. Experimente, bei denen Testpersonen sich am Computer ihre Lieblingsgesichter „basteln“ können, bestätigen: Menschen finden Gesichter besonders attraktiv, die ihren eigenen ähneln. Das Mick-und-Bianca-Jagger-Phänomen sozusagen.

Diese Vorliebe entspringt nicht der Selbstliebe, sondern hat eine quasi indirekte Ursache, sagen nun Psychologen der Universität Pécs (Ungarn): Frauen suchen Männer, die ihrem eigenen Vater ähnlich sehen; Männer suchen Frauen, die ihrer Mutter gleichen. Dabei legen Männer mehr Wert auf Ähnlichkeit in der unteren Gesichtshälfte (z. B. Lippen und Unterkiefer); für Frauen ist die zentrale Gesichtspartie wichtiger, (z. B. die Proportionen der Nase), aus dieser Region erkennt man übrigens (unbewusst) die Aggressivität eines Mannes.

Dabei ist das Gesicht des Vaters für Frauen offenbar nur dann prägend, wenn sie als kleine Mädchen eine gute Beziehung zum Vater hatten. Auch für Männer wird die Mutter umso mehr zum Vorbild in der Partnerwahl, je stärker ihre emotionale Mutterbeziehung in der Kindheit war. Und es müssen gar nicht die leiblichen Eltern sein: Stief- und Adoptiveltern können – wenn die Beziehung stimmt – ebenfalls den Geschmack der Kinder prägen. Besonders prägend ist das Alter: Frauen mit relativ alten Vätern fühlen sich öfter zu älteren Männern hingezogen, Entsprechendes gilt für Männer.

All das spricht für „sexual imprinting“: Menschen lernen im Kindesalter, den jeweils andersgeschlechtlichen Elternteil attraktiv zu finden. (Proceedings B, 3. 8)
Und das Immunsystem?

Im Widerspruch steht dieses Muster zu einer Partnerwahlstrategie, die Verhaltensforscher aus zahlreichen Experimenten und Feldforschungen – oft in Diskotheken, oft unter Einsatz getragener T-Shirts – abgeleitet haben: Menschen scheinen ihre Sexualpartner so zu wählen, dass sie ein Immunsystem haben, das sich möglichst vom eigenen Immunsystem unterscheidet. Das können sie, glauben zumindest viele Biologen, riechen: Denn Gene des Immunsystems (MHC) beeinflussen die Bakterienflora der Haut und damit den Geruch. Das (unbewusste) Ziel: Die Kinder sollen durch Kombination möglichst unterschiedlicher Immunsysteme ein möglichst breit gefächertes Immunsystem haben. Und überhaupt gilt zu große genetische Ähnlichkeit – Extremfall: „Inzucht“ – als reproduktiver Nachteil.

Wie löst man den Widerspruch auf? Entweder man nimmt an, dass die Partnerwahl nach Vorbild der Eltern gar keine genetischen Vorteile hat, sondern „nur so“ passiert. Oder man hält dagegen, dass Ähnlichkeit die Partnerbeziehung stabilisiert (und damit den Fortpflanzungserfolg des Paares erhöht): Dann steht der theoretische Biologe vor einer heiklen Abwägung zwischen „Gleich und gleich gesellt sich gern“ und „Gegensätze ziehen sich an“. Einen „adaptiven Kompromiss“ nennen das die ungarischen Verhaltensforscher.

Aufschlussreich – oder auch verwirrend – könnten Daten über Partnerwahl der Homosexuellen sein: Wird ihnen der gleichgeschlechtliche Elternteil zum Ideal?

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