Als Ostermayer das Bankgeheimnis begrub

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MINISTERRAT:OSTERMAYERAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Der eine – Luxemburgs Regierungschef Junker – will nichts gesagt, der andere – Kanzler Faymann – nichts gewusst haben. Trotzdem sprach Ostermayer schon im Jänner über das Ende des Bankgeheimnisses.

Wien. Es gibt Zufälle, die sind so unglaublich, dass es tatsächlich Zufälle sein müssen. Wie etwa jener, der sich vor einigen Monaten in Wien zutrug. Zu der Zeit also, als Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker nach allseitigen Dementis Bundeskanzler Werner Faymann noch nicht über das bevorstehende Ende des Bankgeheimnisses informiert hatte.

Im Jänner also, als Österreich nicht wusste, dass Luxemburg bald den Abschied vom Bankgeheimnis verkünden wird, fand zufälligerweise ein Treffen von Staatssekretär Josef Ostermayer und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder mit führenden Managern der größten Banken des Landes statt. Zufall wohl auch, dass niemand von der ÖVP dabei war, sondern nur Politiker jener Partei, der auch der Bundeskanzler angehört. Thema dieses Treffens: die Zukunft des Bankgeheimnisses. Was man halt so bespricht, wenn niemand etwas davon weiß, dass dessen Ende vielleicht bald kommt.

Was Faymann Juncker fragte

Wobei – eigentlich hat man es da ja doch schon gewusst, sagte zumindest Luxemburgs Wirtschaftsminister Etienne Schneider zu Beginn der Woche in Wien. Sein Regierungschef, berichtete Schneider, habe Bundeskanzler Faymann schon vor Monaten gesagt, dass Luxemburg auf den automatischen Informationsaustausch mit der EU und damit auf das Ende des Bankgeheimnisses für Ausländer schwenken werde.

Völliger Blödsinn, dementierte Junckers Sprecher Guy Schuller nach einer Schrecksekunde von zwei Tagen. Die beiden hätten sehr allgemein über das Bankgeheimnis gesprochen, vermutlich beim EU-Treffen im Dezember vergangenen Jahres. Die Initiative zum Gespräch, hört man in Wien, ging von Faymann aus: Der habe seinen Kollegen auf Gerüchte über eine mögliche Aufgabe des Widerstandes gegen den Informationsaustausch angesprochen. Detailliert will man nicht darüber geredet haben, Juncker sei „sehr allgemein“ geblieben, man habe sich darauf verständigt, die Sache den Finanzministern zu überlassen.

Ein Indiz dafür, dass der SPÖ-Chef tatsächlich nichts von Luxemburgs bevorstehendem Schwenk wusste, ist auch, dass er seiner Finanzministerin Maria Fekter nach Informationen aus deren Büro nichts von dem Gespräch mit Juncker erzählte (nur böse Menschen würden jetzt vermuten, dass es vielleicht damit zu tun hat, dass Fekter einer anderen Partei angehört). Fekter war also genauso ahnungslos wie Ostermayer und Schieder, als die mit den Bankenvertretern zufälligerweise über die Zukunft des Bankgeheimnisses sprachen.

Juncker hat überhaupt ein Problem mit seinen Ministerkollegen. Dass Luxemburg das Bankgeheimnis für Ausländer aufgeben will, posaunte Finanzminister Luc Frieden hinaus – und Juncker soll vor Wut auf der Stelle gehüpft sein, erzählte man beim Treffen der EU-Finanzminister in Dublin. Zwischen das Interview (Dienstag) und die Veröffentlichung (Sonntag) platzte nämlich Offshore-Leaks (Donnerstag). Und jetzt sah es so aus, als würde Luxemburg auf Offshore-Leaks reagieren. Damit gab man alle Trümpfe für Verhandlungen mit der EU aus der Hand.

Das ist auch ein Argument für das Nichtwissen Faymanns, das man aus Kreisen des Kanzlers hört: Hätte man gewusst, dass der Schwenk Luxemburgs kommt, hätte man sich darauf vorbereiten und koordinierter vorgehen können. Planung und Koordination wären aber ohnehin von Offshore-Leaks durcheinandergewirbelt worden.

Was nach der Wahl passiert

Ist ohnehin egal, weil das Ende des Bankgeheimnisses ja schon vorgezeichnet ist: Nach der Nationalratswahl wird sich Österreich nämlich davon verabschieden. Das hat Bundeskanzler Faymann mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart. Hört man aus der ÖVP.

Im „Kurier“ dagegen las man, dass es in Dublin eine dementsprechende Vereinbarung gab: Allerdings hat sich demnach Finanzministerin Fekter mit ihren Kollegen darauf verständigt, das Bankgeheimnis nach der Nationalratswahl nur noch auf Österreicher zu beschränken.

Da kommt sie freilich etwas spät, weil eine solche Vereinbarung über das Ende des Bankgeheimnisses für Ausländer ebenfalls laut „Kurier“ schon Fekters Parteifreund und Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, mit Merkel und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble getroffen hat.

Die Wahlen in Österreich könnten vielleicht auch dafür verantwortlich sein, dass die angeblichen Vereinbarungen über das Ende des Bankgeheimnisses einmal der SPÖ, einmal der ÖVP zugesprochen werden. Es könnte aber auch nur Zufall sein...

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2013)

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