Inflation: Österreich teurer als Deutschland

Inflation oesterreich teurer Deutschland
Inflation oesterreich teurer Deutschland(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Inflation. Seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ist in Österreich der Anstieg der Verbraucherpreise um ein Viertel höher als in Deutschland.

Wien. Zu Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde eine Hyperinflation befürchtet. Denn die Notenbanken fluteten die Märkte mit riesigen Beträgen, um das Schlimmste zu verhindern. Doch es gibt keine Hyperinflation, die Geldentwertung vollzieht sich schleichend. Laut einer am Freitag präsentierten Analyse der Bank Austria erhöhten sich in Österreich die Verbraucherpreise seit Mitte 2009 bis heute kumuliert um 10,7 Prozent.

Die Volkswirte der Bank Austria verglichen dies mit den Daten in Deutschland und kamen zu einem überraschenden Ergebnis: In Österreich ist der Preisanstieg um ein Viertel höher als im Nachbarland, wo sich die Preise um 7,5 Prozent verteuerten. Dabei weisen beide Länder eine ähnliche Konjunkturentwicklung auf – auch das Konsumverhalten ist fast identisch.

Inflation steigt, Einkommen stagnieren

Für die höhere Inflation in Österreich seien die Ausgabengruppen Verkehr, Wohnen und Nahrungsmittel verantwortlich gewesen, erklärt Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. Auf den Verkehr entfielen 20 Prozent vom Preisanstieg, auf Wohnen 17 Prozent und auf Nahrungsmittel zwölf Prozent. „Weniger die absolute Höhe des Anstiegs der Preise macht die Inflation gefühlt und wirtschaftlich zur Belastung, sondern deren Anstieg in Relation zum teilweise stagnierenden Einkommen“, so Bruckbauer.

„Die Presse“ listet einige interessante Aspekte der Bank-Austria-Studie auf:
•Verkehr: Den stärksten Anstieg gab es beim Verkehr. Hier muss man folgende Untergruppen beachten: Bei den Kraftstoffen schossen die Preise in Österreich in den vergangenen vier Jahren um 40 Prozent in die Höhe, während sie in Deutschland nur um 29 Prozent stiegen.

Auch in der Untergruppe „Instandhaltung und Reparatur bei privaten Fahrzeugen“ – gemeint sind die Werkstätten – gab es in Österreich stärkere Preissteigerungen.

Vor allem Mietkosten schießen in die Höhe

•Wohnen: Besonders interessant ist die Dynamik im Bereich Wohnen. Mit diesem Aspekt haben sich die Bank-Austria-Ökonomen ausführlich beschäftigt. Immerhin handelt es sich dabei auch um ein Wahlkampfthema. Im Bereich Wohnen war in den vergangenen vier Jahren der stärkste Anstieg bei den Mieten zu beobachten: Diese kletterten in Österreich seit Mitte 2009 um 16 Prozent, während es in Deutschland lediglich ein Plus von fünf Prozent gab.

Die Ursachen für den Aufschlag in Österreich sind laut Bank-Austria-Studie vielfältig, Ein Grund liege in der im Vergleich zum Angebot wesentlich rascher gestiegenen Nachfrage nach günstigen Mietwohnungen. Gleichzeitig seien aber die geförderten Neubauten zurückgegangen, sagt Bank-Austria-Ökonom Günter Wolf. Gemessen an der Zahl der Förderzusicherungen seien die geförderten Neubauten um ein Viertel gesunken.

Hinzu kommt, dass Fördermittel in die Sanierung geleitet wurden. Dieses Geld habe im Neubau gefehlt. Auch habe der Sanierungsboom zu einer Beschleunigung des Preisanstiegs vor allem im Mietwohnsektor geführt, so der Bank-Austria-Experte.

Stark regulierter Wohnungsmarkt

•Der Wohnungsmarkt ist stark reguliert: Bemerkenswert ist, dass die Mieten in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen sind, obwohl es auf dem österreichischen Wohnungsmarkt weitreichende Regulierungen gibt. Laut Bank Austria sind von den 1,5 Millionen Hauptmietwohnungen in Österreich nur 320.000 Wohnungen von Privaten frei vermietet. Diese sind vom Preisanstieg stark betroffen.

Rund 300.000 Wohnungen unterliegen in Österreich dem Richtwertmietsystem, 280.000 sind Gemeindewohnungen und dann gibt es noch rund 600.000 preisregulierte Genossenschaftswohnungen. Bei den Diskussionen über die hohen Mieten ist auch zu beachten, dass „die Richtwertmieten durch hohe, oft unzulässige Zuschläge bei den Neuvermietungen angehoben wurden“, heißt es in der Studie.

Von 2008 bis 2012 sind allein in Wien die Mietkosten für privat vermietete Hauptmietwohnungen um über 20 Prozent in die Höhe geklettert. Gemeindewohnungen verteuerten sich nur um zehn Prozent.
•Zukunft: Die Bank Austria schätzt, dass die Mieten auch heuer mit drei Prozent stärker steigen werden als die gesamten Verbraucherpreise, die 2013 auf ein Plus von 1,9 Prozent kommen werden. Die Inflation frisst damit weiterhin die Sparzinsen auf. Denn der Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank liegt bei 0,5 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2013)

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