Personalrochade. Die ehemalige SPÖ-Politikerin und Siemens-Topmanagerin soll dem verstorbenen Horst
Pöchhacker an der Spitze des Bahn-Aufsichtsrats nachfolgen. Sie bringt alle Voraussetzungen dafür mit.
Wien. Die Farbenlehre würde stimmen – die Kompetenz hat sie ohnedies: Brigitte Ederer soll neue Aufsichtsratspräsidentin der ÖBB werden. Sie soll dem verstorbenen Langzeitvorsitzenden Horst Pöchhacker nachfolgen, berichtet das „Format“. Eine Bestätigung dafür gibt es nicht, aber die einstige SPÖ-Politikerin und Topmanagerin wurde nach ihrem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Siemens-Vorstand vor einem Jahr für viele Positionen ins Spiel gebracht.
Aus dem Infrastrukturministerium hieß es zur „Presse“, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Es gebe auch noch keinen Termin für eine Hauptversammlung.
Dass Ederer die nötigen Voraussetzungen mitbringt, steht außer Frage. Denn als Chefin von Siemens Österreich – diese Position bekleidete sie, bevor sie 2010 nach München in die Konzernzentrale wechselte – wurde sie von Mitarbeitern und Vorstandskollegen gleichermaßen geschätzt. Was bei den ÖBB auch zählt: Sie hatte trotz harter Sparmaßnahmen eine gute Gesprächsbasis zum Betriebsrat.
Populär durch „Ederer-Tausender“
Ebenfalls nicht unwichtig bei der Bahn ist die politische Farbenlehre. Auch die erfüllt die „Gitti“, wie sie liebevoll genannt wird. Ederer studierte Volkswirtschaft. In der Arbeiterkammer war sie Mitarbeiterin des späteren SPÖ-Finanzministers Ferdinand Lacina. 1992 holte sie Franz Vranitzky als Staatssekretärin ins Regierungsteam. Ihre Aufgabe: Sie sollte den Österreichern den EU-Beitritt schmackhaft machen. Der „Ederer-Tausender“ wurde zwar nie gezahlt, sie wurde dadurch aber ebenso populär wie durch das Busserl, das ihr Außenminister Alois Mock nach gewonnener Schlacht gab.
Ederer, die vor ihrem Wechsel zu Siemens Bundesgeschäftsführerin der SPÖ und Finanzstadträtin von Wien war, wäre jedenfalls keine Chefkontrollorin, die „auf Schiene“ agiert. Sie nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wenn es um Wirtschaftspolitik geht. Kürzlich forderte sie in ihrer Funktion als Präsidentin des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie endlich eine tief greifende Verwaltungsreform, um im Gegenzug die Arbeitskosten nachhaltig zu senken. Als Aufsichtsrat der ÖIAG kritisierte sie den Syndikatsvertrag zwischen der Staatsholding und dem Telekom-Mehrheitsaktionär América Móvil heftig. (eid)
("Die Presse", Printausgabe vom 23.8.2014)