Österreich: Jede zweite Firma sucht neues Geschäftsmodell

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Fast die Hälfte der österreichischen Unternehmen gibt an, dass ihr aktuelles Geschäftsmodell in zehn Jahren nicht mehr oder nur mehr teilweise tragfähig ist. Adäquate Strategien für eine Neuausrichtung fehlen aber oft.

Wien. Verkrustete Managementstrukturen, veraltete Strategien, zu wenig Diversität im Topmanagement und kaum breite Partizipation von Mitarbeitern und Stakeholdern in der Ideenfindung – das ist der Befund einer Befragung von 800 führenden Unternehmen in Österreich und 2000 in Deutschland zum Thema Strategic excellence in Zeiten des Wandels, die das Institute for Strategic Management (ISM) der Wirtschaftsuniversität Wien mit der Consultingfirma Contrast durchgeführt hat.

Einig sind sich die befragten Manager prinzipiell darüber, dass diverse Trends branchenübergreifend zu einem fundamentalen Wandel ihres Unternehmens führen werden: So sind 77 Prozent überzeugt, dass die Digitalisierung ihre Branche in den nächsten Jahren entscheidend beeinflussen wird. 70 Prozent nennen den demografischen Wandel, 61 Prozent die Energie- und Ressourcenknappheit, 48 Prozent sich verlagernde Machtzentren und 43 Prozent die Auswirkungen von politischer Instabilität als wesentliche Treiber des Wandels im eigenen Unternehmen.

Fast die Hälfte (48 Prozent) der Manager ist der Meinung, dass ihr aktuelles Geschäftsmodell in zehn Jahren nicht mehr oder nur mehr teilweise tragfähig sein wird. 88Prozent halten einen anderen Zugang zum strategischen Management für notwendig. Bei der Entwicklung und vor allem der Etablierung neuer Strategien im Unternehmen hapert es allerdings: Immer noch werde auf Veränderung oft mit Vogelstraußtaktik reagiert, meint Studienautor Werner Hoffmann, Vorstand des Instituts für strategisches Management auf der WU Wien. Auch große, internationale Unternehmen wie Kodak und Nokia hätten technische Entwicklungen komplett verschlafen.

„Deregulierung notwendig“

Viele Branchenvertretungen würden auf neue Konkurrenten mit Protest reagieren, statt an der eigenen Konkurrenzfähigkeit zu arbeiten. Hoteliers etwa pochen auf strengere Regulierungen, um Modelle wie Airbnb zu unterbinden, Taxifahrer gehen rechtlich gegen die Taxi-App Uber vor. Der Ruf nach strengeren Regulatorien sei aber genau der falsche Weg, um disruptiven (revolutionären) Entwicklungen in der eigenen Branche zu begegnen: „Deregulierung ist in Phasen des raschen Wandels notwendig“, sagt Hoffman.

Wege der strategischen Neuausrichtung gebe es gute und weniger gute. So sei ein interner Thinktank – Hoffmann nennt als Beispiel die Erste Bank, deren „Hub“ mit George einen neue Onlinebanking-Plattform entwickelt hat – oft zu wenig, um die Unternehmenskultur nachhaltig umzukrempeln. „Die Stammorganisation macht solche zarten Pflänzchen schnell platt.“ Effektiver sei die Gründung einer eigenen Gesellschaft für Experimente, die Know-how durch Start-up-Beteiligungen an Bord hole.

Wichtige Faktoren seien außerdem eine hohe Diversität im Management – also das Zusammenspiel von Menschen mit unterschiedlichen Ausbildungen und beruflichen Erfahrungen – sowie die möglichst breite Einbindung von Mitarbeitern und Stakeholdern wie Kunden und Lieferanten. „Hier sehe ich in Österreich großen Handlungsbedarf“, sagt Contrast-Geschäftsführer Martin Unger. (es)

VERANSTALTUNGSHINWEIS

Tagung. Anlässlich des Wiener Strategieforums, das heute erstmalig an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) stattfindet, haben Contrast Management-Consulting und das Institut für strategisches Management der WU Wien gemeinsam die Studie „Strategic Excellence“ durchgeführt.

„Die Presse“ ist Medienpartner des Wiener Strategieforums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2015)

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