Gold ist reif für ein Statement

(c) APA/GÜNTER GRANITZER
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Mit Turbo-Zertifikaten bringen sich Glücksritter rund um den Goldpreisverfall in Stellung.

Wien. Der Absturz des Goldpreises um gut zehn Prozent im November hat alle kalt erwischt. Noch in der Woche bis zum 8. 11. (an diesem Tag gewann Donald Trump die US-Wahl) hatten spekulative Investoren börsengehandelter Fonds (ETF) ihre Gold-Kauf-Positionen ausgebaut. Kommt der launenhafte Trump, werde Gold als Sicherheitswährung nachgefragt: Mit dieser zu simplen Rechnung ist der Markt demselben Glauben an einfache Kausalitäten aufgesessen, den man an Trump gern kritisiert.

Der Goldpreis hat nun den vierten Wochenverlust in Folge hingelegt. Er notiert bei rund 1173 Dollar. In den als Stimmungsbarometer geltenden ETFs gab es im November laut Commerzbank den bisher fünftstärksten monatlichen Rückzug aus dem Edelmetall. Gold-Analysen enden momentan oft mit dem vagen Fazit: „Zur Zeit eher Abwärtsdruck, aber mittelfristig wieder Erholungschancen“. Ein eindeutiges Statement scheint jedenfalls überfällig. Verdichten sich die Signale in die eine oder andere Richtung, könnte es noch sehr viel stärker abwärts gehen, etwa auf die rund 1050 Dollar vom Jahreswechsel. Oder aber wieder kräftig aufwärts. Steigen die Zinsen weiter, wie es US-Notenbanker mehrfach angedeutet haben, verliert zwar das nicht zinsbringende Gold an Attraktivität. Auch die starke US-Währung lastet auf dem Preis, weil Anleger aus Nichtdollarländern mehr zahlen. Auf der anderen Seite steigt aber die Inflation, was Gold als Teuerungsschutz unterstützen würde. Außerdem ist fraglich, wie weit es mit Zinssteigerungen wirklich her ist: Die Fed zögerte wiederholt mit Blick auf konjunkturhemmende Auswirkungen. Und Trump? Ihn würden steigende Zinsen beim Schuldenmachen stören. Wer dazu klare Ansichten hat, kann mit Turbo-Zertifikaten überdurchschnittlich an Wende oder Sog mitschneiden – Verlusttoleranz vorausgesetzt.

Das Prinzip des Hebels

Bei Turbo-Zertifikaten lässt sich der Anleger einen Teil seines Einsatzes von der Emittentin (Bank) zahlen. Ein Commerzbank-Beispiel verdeutlicht, welchen Unterschied der Hebel zum Direktinvestment macht (siehe Chart). Man könnte etwa eine Aktie oder einen Rohstoff direkt um zehn Euro kaufen. Steigt der Wert auf 13 Euro, freut man sich über 30 Prozent Gewinn. Bei einem Turbo-Zertifikat-Bull (Spekulation auf Kursplus) übernimmt die Bank zum Beispiel sieben Euro (genannt Basispreis oder Strike), der Anleger zahlt drei Euro. Derselbe Anstieg auf 13 Euro würde ihm diesmal ein Plus von 100 Prozent bescheren – er hat nur drei Euro eingesetzt und gewinnt drei dazu. Der Hebel beziffert den Unterschied zum Direktinvestment: Er zeigt an, um das Wievielfache er die prozentuale Basiswertveränderung erhöhen kann. In diesem Fall um den Faktor 3,3 (plus 100 Prozent statt 30). Derselbe Faktor gilt allerdings auch, wenn der Kurs fallen sollte. Und berührt oder durchbricht der Basiswert die Knock-out-Barriere (meist ident mit dem Basispreis, den die Bank finanziert), verliert der Anleger sein gesamtes Geld. Der Hebel ändert sich ständig mit den Kursänderungen des zugrunde liegenden Basiswertes.

Die Liste an Gold-Turbos umfasst mehrere tausend Titel. Mit dem Commerzbank Gold Bull WKN CE5BQA etwa wettet man auf steigende Kurse. Fällt der Goldpreis einmal (auch intraday) unter den Basispreis von 1015 Dollar, verliert man alles. Der Hebel lag zu Redaktionsschluss bei rund sieben. Steigt Gold also um 20 Prozent, gewinnt man mit dem Zertifikat 140 Prozent. Lässt der Goldpreis hingegen nochmal zehn Prozent nach, verliert man 70 Prozent. Gold Bear WKN CE5BQD setzt auf fallende Kurse. Die Knock-out-Schwelle liegt bei nur 1220 Dollar. Steigt Gold nur um vier Prozent, ist alles perdu. Fällt der Preis, lockt dafür ein Hebel von rund 27.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2016)

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