Aufsichtsräte: "Österreich ist Schlusslicht in Europa"

Bruckberger
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2016 verdienten die Aufsichtsräte börsenotierter Unternehmen in Österrreich mehr als im Jahr zuvor. Doch im Vergleich zu anderen Ländern ist ihr Honorar immer noch niedrig.

Aufsichtsräte in Österreich verdienen im Vergleich zu anderen Ländern, insbesondere Deutschland, besonders wenig. Das beklagen nicht nur die Aufsichtsräte selbst, sondern ist auch durch Zahlen belegbar. Die Unternehmensberatung hkp hat die Gagen von Aufsichtsräten börsenotierter Unternehmen dort wie da verglichen und kommt zu folgendem Ergebnis: Die ATX-Firmen sind bei der Aufsichtsratsvergütung "egal mit wem Sie vergleichen, Schlusslicht", jedenfalls in Westeuropa, sagt hkp-Partner Michael Kramarsch.

Die Aufsichtsratsvorsitzenden - darunter zwei Frauen - der zwanzig im wichtigsten österreichischen Index ATX vereinten Kapitalgesellschaften haben im Schnitt im Vorjahr 76.275 Euro verdient.

Vergleicht man nur Unternehmen, bei denen diese Funktion ganzjährig von ein und derselben Person besetzt war, so ergab sich ein Gagenplus von 15,9 Prozent. Der Durchschnittswert bei den Einkommen kaschiert aber die großen Unterschiede, denn Erste Group und Lenzing zahlten ihren obersten Aufsehern gut 140.000 Euro. Bei Schoeller Bleckmann gab es hingegen nach dem Ausfall variabler Anteile nur 9.000 Euro, aber auch Do&Co und die teilstaatlichen Kapitalgesellschaften Post und OMV zahlen für diese verantwortungsvolle Aufgabe unter 50.000 Euro im Jahr.

Kein Job für Faulenzer

Offenbar haben manchen börsenotierten Kapitalgesellschaften immer noch nicht erkannt, dass es sich bei dieser Aufgabe - anders als früher - heute um eine sehr komplexe und haftungsträchtige handelt. Erste Group Vorstandsvorsitzender, Andreas Treichl, sprach die Problematik beim letzten Aufsichtsratstag im März 2017 offen an. Banken fänden kaum mehr qualifizierte Leute, die die Bereitschaft hätten eine Aufsichtsratsmandat für die gebotene Renumeration anzunehmen, sagte er. Der Karrierepfad "Aufsichtsrat" müsste dazu deutlich attraktiver werden. Davon ist man jedoch noch weit entfernt.

"Unser Aufsichtsratsvorsitzender, Friedrich Rödler, zählt zu den best verdienenden in Österreich. Als wir ihn dazu gemacht haben, war das ein Skandal. Ich bin von den Kleinaktionären in der Hauptversammlung dafür geprügelt worden." Das sei völlig absurd, wenn man sein Honorar im Verhältnis zu seinen vielen Arbeitsstunden sähe", sagte Treichl.

"Es geht um eine professionelle Entschädigung"

Die Zeiten in denen Aufsichtsratsmandate ein nettes Zubrot für einen Freundschaftsdienst war, seien vorbei, bestätigt auch Kramarsch. "Es geht um eine professionelle Entschädigung für die zeitliche Inanspruchnahme, die Verantwortung und die Haftung", so Kramarsch. "Man braucht Menschen mit Erfahrung, Zeitbudget und entsprechender Gravitas, die diesem Gremien vorsitzen." Schließlich haben Aufsichtsräte die - nicht immer angenehme - Aufgabe, den Vorständen auf die Finger zu schauen.

Und das kann nicht so nebenbei passieren: Ein Aufsichtsratsvorsitz im ATX brauche, wenn sie ernsthaft wahrgenommen werde, eineinhalb Arbeitstage pro Woche, also etwa 70 Tage im Jahr, schätzt der Experte. Wolle man jemand Kompetenten gewinnen, dann müsse man überlegen, was dieser als Vorstand, Top-Anwalt oder Top-Berater verdienen würde. Übrigens: ATX-Vorsände verdienten 2016 - wie die hkp-Group kürzlich erhob - 1,9 Mio Euro im Jahr.  

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