Drei Gründe, warum Italien schon bald die Pleite droht

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TOPSHOT-ITALY-EUROPE-ECONOMY-URBAN-STREET-ARTAPA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE
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Ende des Monats wird es ernst für den großen Wackelkandidaten der Eurozone. Senken die großen Ratingagenturen den Daumen über das Land, könnte der Geldstrom ins hoch verschuldete Italien rasch versiegen.

Die Koalition aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega in Rom steuert die angeschlagene italienische Volkswirtschaft zielsicher an den Rand des finanziellen Abgrunds. Während die Regierung den drittgrößten Schuldenberg der Welt noch weiter aufschütten will, um einige ihrer großzügigen Wahlversprechen einzulösen und "die Armut in Italien abzuschaffen", zittern Ökonomen und Anleger vor dem erwartbaren Kollaps des Landes.

Drei Gründe, warum die Chancen hoch sind, dass die Krise in Italien in den kommenden Wochen eskaliert und auch die neu gewonnene Stabilität der Eurozone wieder in Gefahr kommen könnte.

1. Italien gönnt sich ein höheres Defizit

Am gestrigen Donnerstag hat das italienische Parlament dem umstrittenen Haushaltsplan der populistischen Regierung zugestimmt. Das Budgetdefizit soll im nächsten Jahr demnach auf 2,4 Prozent steigen. Das liegt zwar unterhalb der Maastrichtgrenze von drei Prozent, ist aber viel zu hoch, um einen weiteren Anstieg der Staatsschulden zu verhindern. Mit einem Schuldenberg von 132 Prozent der Wirtschaftsleistung ist Italien nach Griechenland das mit Abstand am höchsten verschuldete Land der Eurozone. Mit dem zusätzlichen Geld will Rom etwa das Pensionsantrittsalter teilweise auf 62 Jahre senken und ein Grundeinkommen für sozial Schwache einführen.

2. EU und EZB wollen kein zweites Griechenland

Brüssel übt seit Wochen harsche Kritik an der Haushaltspolitik in Italien und ist bemüht, die implizite Hoffnung zu zerstreuen, dass die EU letztlich Roms Rechnung begleichen wird. Schon die Rettung des Pleitekandidaten Griechenlands war innerhalb der EU höchst umstritten. Eine Wiederholung dieses Desasters soll so weit als möglich vermieden werden. Unterstützung von der Realwirtschaft dürfte es kaum geben: Der Internationale Währungsfonds prognostizierte dem Land kürzlich eine der langsamsten Wachstumsraten in der EU. Und auch die Europäische Zentralbank (EZB) fütterte die Nachrichtenagentur Reuters mit "Insiderberichten", wonach sich Italien "nicht auf die Notenbank verlassen" dürfe. Die EZB werde dem Land nicht zur Hilfe eilen, wenn Staat oder Banken das Geld ausgehe. Möglich sei das erst, wenn Rom und Brüssel einen Konsens gefunden hätten.

3. Ende Oktober machen die Ratingagenturen ernst

Dramatisch könnte es Ende Oktober werden, wenn US-Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's die Bonitätseinschätzung des Landes überprüfen. Schon heute muss das Euroland Italien den Käufern seiner Staatsanleihen deutlich höhere Zinsen bieten als alle anderen Euromitglieder (mit Ausnahme von Griechenland). Noch halten aber alle vier anerkannten Ratingagenturen die Bonität des Landes auf Investment Grade. Eine (wahrscheinliche) Abstufung Italiens könnte eine Flucht bei den Investoren auslösen. Fällt das Land um zwei Stufen auf "Ramsch-Niveau", ist das Chaos aber perfekt. Nicht nur große Pensionsfonds und institutionelle Investoren dürfen die Papiere dann nicht mehr angreifen, sondern auch die italienischen Banken könnten ernsthafte Probleme geraten. Sie halten derzeit italienische Staatsanleihen im Wert von 375 Milliarden Euro in ihren Bilanzen. Bisher hinterlegen sie diese Anleihen als Pfand bei der EZB, wenn sie sich mit frischen Geld versorgen wollen. Ramsch-Papiere darf die EZB aber nicht als Sicherheiten annehmen. Die bisher gute Versorgung der italienischen Banken mit Zentralbankgeld wäre Geschichte, Käufer für italienische Staatsanleihen Mangelware - und der Weg zum Staatsbankrott geebnet.  

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