Zuckerberg: „Wir haben Fehler gemacht“

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In seinem ersten Interview seit dem Börsenflop bittet der Facebook-Gründer die Investoren um Geduld, verspricht eine glänzende mobile Zukunft und – zwischen den Zeilen – einen Angriff auf Google.

Wien/Auer. Die Aktionäre von Facebook zählen offenbar zu einer außerordentlich genügsamen Spezies. Viele haben seit dem Börsengang des Online-Netzwerks im Mai zwar knapp die Hälfte ihres eingesetzten Vermögens verloren, wirklich übel genommen haben sie das dem Unternehmensgründer Mark Zuckerberg aber anscheinend nicht. So reichen schon ein paar reumütige Worte des 28-Jährigen, um den Kurs der Papiere wieder in die Höhe zu treiben.

In seinem ersten Interview seit dem Ausflug an die Wall Street gab sich Zuckerberg ungewohnt selbstkritisch. „Wir haben Fehler gemacht“, sagte er bei der Technologiekonferenz TechCrunch Disrupt in San Francisco. Vor allem das Kapitel „mobiles Internet“ hätten er und sein Team verschlafen. Jeder zweite der knappen Milliarde Facebook-Nutzer steigt mittlerweile über sein Smartphone in das Netzwerk ein. Geld macht das Unternehmen dort allerdings bisher kaum. 84 Prozent seines Umsatzes macht Facebook mit Werbung, die in der Desktop-Version der Seite neben den Statusmeldungen der Mitglieder erscheint. Das werde sich radikal ändern, verspricht Zuckerberg und wird nicht müde zu betonen, wie wichtig das Thema für sein Unternehmen sei.

Börsengang war „enttäuschend“

Facebook stehe hier „noch am Anfang“, bittet er die Investoren um Geduld. Der „größte Fehler“ sei es gewesen, zu lange am Programmier-Standard HTML festgehalten zu haben. „Wir haben mindestens ein Jahr verloren“. Mittlerweile habe das Unternehmen den Versuch, damit eine App für alle Smartphones zu bauen, ad acta gelegt. Der Firmengründer ist sichtlich bemüht, seinen Auftritt zu nutzen, um öffentlich zum Angriff auf die mobile Welt zu blasen. Er verspricht neue Apps für iPhones und Android-Geräte. Nur ein eigenes Facebook-Handy, wie oft spekuliert wird, werde es nicht geben.

Wie es Facebook aber gelingen soll, mehr Nutzer dazu zu bringen, auf den kleinen Smartphone-Bildschirmen auf die Werbeanzeigen zu klicken, bleibt allerdings unklar. Vor allem da die Nutzer nicht einmal am Computer sonderlich großes Interesse an den Werbebannern zeigen. Von 1000 Anzeigen, die auf Facebook geschaltet werden, werden im Schnitt nur vier angesehen, errechnete TBG Digital.

Direkt auf den Flop beim Börsengang angesprochen, gibt sich der Gründer solidarisch mit den Anlegern. „Die Performance an der Börse ist offensichtlich enttäuschend verlaufen“. Im Vorfeld war Zuckerberg weniger zimperlich, ließ schon einmal Treffen mit Analysten sausen oder speiste Investoren mit Werbefilmchen über sein Unternehmen ab. Der Hype reichte trotzdem, um ihn zum Multimilliardär zu machen.

Seit die Kurse purzeln, ist Zuckerberg im Verteidigungsmodus. Nachdem einige der ersten Facebook-Investoren bereits Kasse gemacht haben, bemüht sich der Firmenchef, auch an den Kurs seiner Aktien zu denken. So kündigte das Unternehmen etwa an, mindestens ein Jahr lang keine weiteren Aktien verkaufen zu wollen – also klassische Kurspflege zu betreiben.

Eigene Suchmaschine

Bei der TechCrunch Disrupt hatte Zuckerberg für die Börsianer aber noch etwas anderes im Köcher: Facebook bereitet den Angriff auf Google vor, ließ er zwischen den Zeilen durchblicken. Auf die Frage, ob das Geschäft mit der Internetsuche für Facebook interessant sei, sagte er: Schon jetzt „hat das Netzwerk eine Milliarde Suchanfragen am Tag und wir bemühen uns noch nicht einmal darum“.

Künftig würden Menschen nicht mehr ewig lange Listen an Suchergebnissen verlangen, sondern einfache Antworten auf ihre Fragen. Genau die werde Facebook eines Tages liefern können. Wann es so weit sein wird, lässt er offen. Nur soviel: Schon jetzt arbeite ein Team an einer eigenen Facebook-Suchmaschine.

Die Anleger nahmen Zuckerbergs Auftritt dankbar auf. Die Papiere stiegen um fünf Prozent auf über 20 Dollar – immer noch weit unter dem Ausgabekurs von 38 Dollar. Dass jedes seiner Worte von Analysten auf die Waagschale gelegt wird, ist der Preis für die Milliarden, die der Mittzwanziger beim Börsengang einstreifen konnte. Ob es noch Spaß macht, wird Zuckerberg am Ende gefragt. Spaß sei zur Nebensache degradiert worden, die Mission stehe im Vordergrund, sagt er. Und die Euphorie, an der er im Vorfeld verdient hat, ist ihm heute lästig: „Ich hätte es lieber, wenn wir unterschätzt würden“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2012)

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