Libor-Skandal: US-Hausbesitzer klagen Banken

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Ein Manager der Royal Bank of Scotland wurde suspendiert. US-Hausbesitzer klagen zwölf Großbanken, die mit der Libor-Manipulation Kredite verteuert haben sollen.

New york/Es/Ag. Im Libor-Skandal wackelt nach dem Abgang des Topmanagements bei Barclays nun ein weiterer Sessel: Jezri Mohideen, der Leiter des Bereichs Zinshandel für Europa und Asien-Pazifik der Royal Bank of Scotland (RBS), wurde wegen der Ermittlungen um Manipulationen beim Londoner Interbankensatz Libor suspendiert. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg, die sich auf anonyme Informanten beruft. Mohideen soll im Jahr 2007 Kollegen angewiesen haben, die Eingaben der britischen Bank zum Libor niedriger anzusetzen, streitet aber alles ab.

Die RBS ist die größte börsenotierte Bank in Großbritannien und eine von gut einem Dutzend Gesellschaften – darunter auch die UBS, Bank of America und die Deutsche Bank – bei denen die Behörden wegen mutmaßlicher Libor-Manipulationen ermitteln. Die RBS hatte bereits drei weitere Mitarbeiter wegen Verdachtsmomenten beurlaubt, zwei von ihnen arbeiten schon wieder.

100.000 können klagen

In den USA haben am Montag fünf enteignete Hausbesitzer eine Sammelklage gegen die zwölf ins Zwielicht geratenen Banken eingereicht. Der Vorwurf: Die Banken sollen durch die koordinierte Libor-Manipulation Immobilienkredite drastisch verteuert haben. Europäische und US-amerikanische Händler sollen den Libor besonders an jenen Tagen künstlich in die Höhe getrieben haben, an denen die Hypothekarzinsen neu festgelegt wurden. Dadurch hätten die Kläger in den Jahren 2000 bis 2009 tausende Dollar verloren.

Der Anwalt der Geschädigten, John Sharbrough, sagte, dass bis zu 100.000 amerikanische Immobilienbesitzer gegen die Großbanken klagen könnten. Es ist nicht die erste Klage, mit der sich die vom Libor-Skandal betroffenen Banken konfrontiert sehen, aber die erste von US-Hausbesitzern. Ihnen wurden erst billige Kredite nachgeworfen, was den Immobilienmarkt künstlich anheizte, da immer mehr Käufer mit schwacher Bonität auf den Markt drängten. Nach dem Platzen der Immobilienblase stiegen die Kreditzinsen sprunghaft an, viele Kreditnehmer konnten nicht mehr bezahlen und wurden enteignet.

An dieser Entwicklung waren die nun angeklagten Banken insofern beteiligt, als sie den Interbanken-Zinssatz je nach Bedarf künstlich hochgeschraubt oder niedrig gehalten hatten, indem sie falsche Angaben über ihre Refinanzierungskosten machten.

Da der Libor als Referenzzinssatz gehandhabt wird, an dem sich auch Kredite orientieren, hatten die Manipulationen eine direkte Auswirkung auf die Kreditnehmer. Allerdings ist es keine leichte Aufgabe, die Höhe des durch die Libor-Manipulation verursachten Schadens zu eruieren. Dafür müssten Experten schätzen, wie sich der Libor in den Jahren 2000 bis 2009 entwickelt hätte, wenn er nicht manipuliert worden wäre.

Fremdwährungskredite betroffen

Bereits geklagt haben etliche Investoren und Kommunen. So hat sich im Juli eine zum Frankfurter Bankhaus Metzler gehörende Kapitalgesellschaft in New York mehreren Sammelklagen angeschlossen. Die US-Stadt Baltimore hat im August eine Klage eingereicht.

Österreichische Investoren wären nur betroffen, wenn sie einen Fremdwährungskredit abgeschlossen haben. Bei einem Franken-Kredit werden die Zinsen nicht über den Euribor, sondern meist über den Libor berechnet. Hier könnte die Möglichkeit geprüft werden, sich an einer ausländischen Sammelklage zu beteiligen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2012)

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