Der Verbund bleibt bei seinen Leisten

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Der heimischen Stromkonzern Verbund will sich nach dem Rückzug aus der Türkei nur noch auf Wasser- und Windkraft in Mittel- und Südosteuropa konzentrieren. Die Dividende dürfte künftig steigen.

Wien/jaz. „Wasserkraft ist unsere große Stärke. Und unsere Kernmärkte sind Österreich, Deutschland und Südosteuropa.“ Mit diesen zwei Sätzen fasste Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber am Montag die Strategie des heimischen Stromkonzerns zusammen. Zuvor präsentierte er den am Montagabend fixierten Tausch des 50-Prozent-Anteils am türkischen Joint Venture Enerjisa gegen acht bayrische Kraftwerke der E.On, „Die Presse“ berichtete in einem Teil der Dienstagsausgabe.

Hohe Buchgewinne für Verbund

Da der Deal laut Anzengruber mit 1,5 Mrd. Euro bewertet wurde, wird sich für den Verbund in der kommenden Bilanz ein deutlicher Bewertungsgewinn ergeben – in den Büchern hat der Konzern den Enerjisa-Anteil nämlich nur mit knapp 750 Mio. Euro. Zudem erhält der Verbund auch sämtliche Investitionen in Enerjisa aus dem Jahr 2012 zurück. In Summe werde dies im kommenden Jahr einmalig einen positiven Cashflow von 300 Mio. Euro bringen.

Künftig sollen die neuen Kraftwerke laut Anzengruber einen jährlichen Cashflow von 80 Mio. Euro beitragen. Geld, das in neue Projekte oder eine erhöhte Dividende fließen könnte. Erste-Bank-Analyst Christoph Schultes erwartet, dass Letztere in Zukunft steigen dürfte. So ist nicht zuletzt bei Finanzministerin Maria Fekter die Begehrlichkeit nach mehr Dividende groß, nachdem die Telekom Austria ihre aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage drastisch kürzen musste.

Aber auch abseits der Dividendenfrage bewertet der Analyst den Tausch als „das Beste seit Langem“, was vom Verbund zu hören war. So sei klar gewesen, dass die von Joint-Venture-Partner Sabanci gewünschte starke Expansion in den kommenden Jahren große Mittel vom Verbund gebunden hätte. Dies vor allem für fossile Kraftwerke, die nicht zum Wasserkraft-Image des Verbunds passen.

So legte sich auch Anzengruber neuerlich fest: „Der Verbund wird in Zukunft keine neuen Investitionen in Technologien mit CO2-Ausstoß mehr tätigen.“ Auch für die bestehenden Kohle- und Gaskraftwerke in Dürnrohr oder Mellach werde es nach dem Ablauf von deren Lebensdauer von noch rund 20 Jahren keine Ersatzinvestitionen mehr geben. Expandieren will der Verbund hingegen mit Wasserkraftprojekten – neben Österreich und Deutschland, wo es nur noch wenige Möglichkeiten gibt, vor allem in Albanien und Rumänien, wo Anzengruber noch „großes Potenzial“ sieht.

Strategie komplett umgekrempelt

Mit dem Rückzug aus der Türkei ist die von Ex-Verbund-Chef Hans Haider angestoßene Expansionspolitik endgültig umgekrempelt. Denn auch aus Frankreich zog sich der Verbund teilweise wieder zurück. Das zuletzt verlustträchtige Engagement in Italien steht ebenfalls auf der Abschussliste. Investitionen wird es in beiden Ländern jedenfalls keine mehr geben.

Kein Interesse an einem weiteren Engagement in Italien hat auch E.On-Vorstand Bernhard Reutesberg, der den Tausch am Montag aus Sicht der Deutschen kommentierte. So hätte E.On die abgeschriebenen bayrischen Wasserkraftwerke – die landläufig als Gelddruckmaschinen gelten – gegen Geld auch nie verkauft. „Der Verbund hat uns mit Enerjisa jedoch den Einstieg in den für uns sehr attraktiven türkischen Markt ermöglicht. Da mussten wir zugreifen“, so Reutesberg.
Die Börsen reagierten kaum, sahen die Vorteile aber bei E.On. Die Verbund-Aktie lag leicht im Minus, jene von E.On leicht im Plus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2012)

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