Bonds: Geld scheffeln mit Athens Schulden

(c) EPA (JENS BUETTNER)
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Wer zu Jahresbeginn griechische Anleihen gekauft hat, hat heuer 80 Prozent Gewinn erzielt. Die Wette, dass Europa das quasi-bankrotte Griechenland nicht fallen lassen wird, ist voll aufgegangen.

Wien/Auer. Das abgelaufene Jahr lehrt uns: Es ist nicht alles Ramsch, nur weil es so genannt wird. Bestes Beispiel für 2012 waren griechische Anleihen. Wer dem quasi-bankrotten Staat im Jänner seine mit „Ramsch“ bewerteten Papiere abgekauft hat, ist dafür reich belohnt worden. Griechische Staatsanleihen brachten heuer eine Rendite von 80 Prozent, schreibt die Bank of America Merrill Lynch.

Es ist das erste Mal seit 2009, dass Investoren mit griechischen Schuldentiteln überhaupt verdient haben. Und dabei ist der Athener Schuldenrückkauf aus dem Dezember noch gar nicht eingerechnet. Wer hingegen auf Nummer sicher gehen wollte und in deutsche Anleihen investiert hat, muss sich mit einem Jahresplus von 3,7 Prozent zufriedengeben.

Besseres Rating dank Brüssel

Die Spekulation darauf, dass Europa Griechenland nicht fallen lassen wird, ist voll aufgegangen. Aber ganz so einfach, wie es im Nachhinein klingt, war Geldverdienen mit Athens Schulden nicht. Wer vor einem Jahr wirklich griechische Anleihen gekauft und bis heute gehalten hat, brauchte mehr als nur starke Nerven. Die Papiere waren zwar billig zu haben. Gewissheit, dass es überhaupt noch einmal bergauf gehen wird, gab es aber nicht.
„Griechenland droht bis Sommer drei Mal die Pleite“, titelte etwa „Die Presse“ damals. Das Land musste seinen Investoren für zehnjährige Anleihen eine Rendite von 44,21 Prozent anbieten. Heute sind es noch 11,2 Prozent.

Und auch nach dem Schuldenschnitt im Februar war kein Ende der griechischen Tragödie abzusehen. Rund um die Parlamentswahlen in Athen stellten Brüssels Politiker infrage, ob das Land weiter in der Eurozone gehalten werden könne und solle. Und auch wenn ein weiterer Schuldenschnitt nach hinten verschoben werden konnte, waren die Zeitungen bis in den Herbst voll mit Spekulationen darüber, ob Hellas 2013 noch Teil der Währungsunion sein wird. Zumal das Land dem sechsten Jahr in der Rezession entgegensieht.

Letztlich kam alles anders. Die EU und der Internationale Währungsfonds billigten eine weitere Tranche der Hilfszahlungen ohne größere Auflagen. Europas Bereitschaft, Griechenland wirklich aus der Eurozone zu werfen, wurde überschätzt. Auch die Ratingagentur Standard & Poor's erkannte das erst knapp vor Weihnachten, als sie die Kreditwürdigkeit des Landes um sechs Stufen auf „B-“ anhob. Offizielle Begründung: der „starke Wille“ Europas, das Land in der Eurozone zu halten.

Hedgefonds profitieren

Bleibt die Frage: Wer hat die EU richtig eingeschätzt? Wer konnte vom Boom der Athener Bonds profitieren? 75 Prozent der griechischen Staatsschuld sind in den Händen von EZB oder IWF. Die restlichen 62 Mrd. Euro teilen sich Hedgefonds, Versicherungen und private Investoren. „Die 80 Prozent Gewinn sind nur für jene relevant, denen es möglich war, die Anleihen zu dem Wert zu kaufen, der damals über den Bildschirm flackerte“, sagt Steven Major, Händler bei HSBC. „Bei uns sind griechische Anleihen auch für Private handelbar“, sagt ein Sprecher der Börse Stuttgart. Wer wann eingestiegen sei, wisse freilich niemand.

So bleibt nicht mehr als der Blick auf jene Geschäfte, die es in die Schlagzeilen schaffen. So wie jenes von Dan Loeb. Sein Hedgefonds „Third Point“ hat durch den Anleihenrückkauf von Athen im Dezember 500 Mio. Dollar eingenommen. Griechenland bot im Schnitt 34 Cent je Papier. Loeb bezahlte dafür gerade die Hälfte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2012)

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