Aktienmarkt: Der Prager Börse geht die Luft aus

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Der Markt wird von Kleinanlegern dominiert. Großanleger, die Liquidität bringen, wandern reihenweise ab. Selbst Prager Banken raten schon von Käufen in Prag ab.

Prag/Bloomberg/Red. Die einzige börsenotierte tschechische Bank rät ihren Kunden neuerdings zum Aktienkauf in den USA, Frankreich und Deutschland statt an der Heimatbörse. Grund ist der immer dünnere Handel an der Börse Prag. Der dortige Aktienmarkt verzeichnete heuer die zweitschwächste Entwicklung in Europa – nur knapp vor Zypern.

„Unsere Strategie ist es, die Kunden auf das Ausland zu verweisen, wo es mehr Aktien und bessere Gelegenheiten gibt“, sagt Radek Neumann, der Chef-Aktienhändler der Komercni Banka in Prag. Die Bank gehört zur französischen Société Générale. „Die fehlende Liquidität, eine schwache Wirtschaft und die Tatsache, dass die tschechischen Unternehmen keine Wachstumsstory vorweisen können, lassen die Investoren abwandern.“

Handelsvolumen gesunken

Der Prager Aktienindex PX hat dieses Jahr schon 13 Prozent verloren. Schlimmer sieht es auf den Aktienmärkten in Europa nur noch im Pleitestaat Zypern aus, wo die Börse einen 18-prozentigen Kursrutsch verzeichnete. Der Aktienumsatz in Prag ist in den ersten sechs Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent auf 3,4 Mrd. Euro gesunken. Zum Vergleich: In Deutschland sank das Handelsvolumen um 4,1 Prozent auf 513,8 Mrd. Euro, und im nördlichen Nachbarland Polen gab es sogar einen Anstieg um 16 Prozent auf 26,8 Mrd. Euro.

In den 1990er-Jahren sah das Bild noch ganz anders aus: Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus privatisierte der tschechische Staat viele Unternehmen, und es wurden tausende Aktien an der Prager Börse gehandelt. Jetzt sind nur noch 26 Unternehmen gelistet, 13 davon im Hauptsegment. Seit 2008 gab es lediglich eine Börseneinführung – gegenüber 116 in Warschau.

Sechs Quartale in Folge mit rückläufiger Wirtschaftsleistung, Pläne der größten Partei im Parlament, die Steuern für Großunternehmen zu erhöhen sowie eine neue Handelsplattform der Börse mit eingeschränkter Liquidität haben dem tschechischen Aktienmarkt jegliche Attraktivität genommen, erläutert Händler Neumann.

Die Prager Börse, die zusammen mit den Börsen von Österreich, Ungarn und Slowenien die CEE Stock Exchange Group bildet, wechselte im November vom Sprad-Handelssystem zum auch in Wien verwendeten Frankfurter Xetra-System. Damit sollte ausländischen Investoren der Zugang zum Börsenhandel erleichtert und tschechischen Brokern der Handel in anderen Ländern mit demselben Handelssystem (etwa Deutschland und Österreich) ermöglicht werden.

Doch statt das Volumen anzukurbeln, habe Xetra den Handel in kleinere Transaktionen fragmentiert und die Rolle der Marktmacher, die für Liquidität sorgen sollen, reduziert, sagt Neumann. Die Kunden seiner Bank tätigen nun 40 Prozent ihrer Aktienkäufe im Ausland. Vor acht Jahren sind es nur fünf Prozent gewesen.

„Der Rückgang des Handelsvolumens hat sich mit der Umstellung auf Xetra verstärkt“, sagt Neumann. Der tschechische Aktienmarkt sei eine Domäne der Kleinanleger geworden, während die Großinvestoren abgewandert seien.

Jiri Kovarik, ein Sprecher der Prager Börse, sieht das freilich anders. Die Schulden- und Wirtschaftskrise in der Europäischen Union sei ein größerer Faktor für die Investoren als das Xetra-System. „Wir glauben nicht, dass der Rückgang der Handelsvolumina durch unser neues Handelssystem verursacht wurde“, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2013)

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