Spekulationen treiben VW-Aktie nach oben

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Die Papiere legten zeitweise um über 50 Prozent zu.

wien (Bloomberg/jaz). Dass an den internationalen Aktienmärkten Fundamentaldaten derzeit kaum noch eine Rolle spielen und Panik sowie Spekulationen die Kurse bestimmen, ist bekannt. Doch selten wurde dies während einer Finanzkrise so eindrucksvoll bewiesen wie anhand der Kursentwicklung des deutschen Autokonzerns VW am gestrigen Dienstag. Entgegen dem allgemeinen Trend legten die Papiere bereits seit Mitte September um rund 50 Prozent vom mehrmonatigen Niveau auf knapp unter 290 Euro zu. Am Montag schnellte der Kurs dann innerhalb von wenigen Stunden auf über 450 Euro je Aktie – ein Plus von rund 55 Prozent und der höchste Zugewinn an einem Tag seit zumindest dem Jahr 1989 (dem Beginn der Bloomberg-Aufzeichnungen, Anm.). Auf diesem Niveau hielt sich die Aktie jedoch nur für rund 15 Minuten. Dann stürzte sie wieder auf etwa 320 Euro ab.

Bei Leerverkäufen verspekuliert

Der Grund für diese rasante Berg- und Talfahrt waren laut Händlern fehlgegangene Spekulationen von sogenannten „Short-Sellern“. Diese hatten angesichts der bevorstehenden Mehrheitsübernahme von Porsche bei VW auf einen fallenden Aktienkurs gewettet. Daher liehen sie sich Aktien und verkauften sie, mit der Erwartung, sie später an der Börse günstiger zurückzukaufen. Rund 15 Prozent aller VW-Aktien waren laut der Londoner Analysefirma Data Explorers im September auf diese Art und Weise „leer“ verkauft. Ein großer Teil der Geschäfte soll dabei über die inzwischen zusammengebrochene US-Investmentbank Lehman Brothers gelaufen sein. Angesichts des Lehman-Kollapses dürften die ursprünglichen Aktienbesitzer ihre Papiere plötzlich zurückverlangt haben, was die Short-Seller zwang, sich ohne Rücksicht auf den Preis an der Börse mit VW-Aktien einzudecken.

Dass sich die Aktie längerfristig auf dem gegenwärtigen Niveau hält, ist allerdings eher unwahrscheinlich. „Die Fundamentaldaten rechtfertigen den Wert des Unternehmens derzeit nicht. Die Aktie ist von den Spekulationen getrieben“, sagt Sven Diermeier von Independent Research in Frankfurt. Bereits Mitte September gab es bei VW ein spekulationsgetriebenes Hoch. Am darauffolgenden Tag musste die Aktie dann ihren größten Einbruch seit 1989 hinnehmen.

Auf einen Blick

Die VW-Aktie legte am Dienstag zeitweise um 55 Prozent zu. Grund dafür dürften fehlgelaufene Spekulationen rund um sogenannte Leerverkäufe sein. Der Aktienkurs des Autokonzerns gilt laut Analysten derzeit grundsätzlich als überbewertet und angesichts der Fundamentaldaten als nicht gerechtfertigt.

(c) Die Presse / GK

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2008)

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