US-Stahlindustrie: „Obama, hilf uns!“

(c) AP (Frank Augstein)
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Zuerst erwischte es die US-Automobil-Industrie. Jetzt klopft die von etlichen Boomjahren verwöhnte Stahlindustrie als Nächste an die Tür.

New York/Düsseldorf (APA/Reuters). Zuerst erwischte es die US-Automobilindustrie – sie erhält nun 17,4 Mrd. Dollar Staatshilfe, um den Bankrott vorerst abzuwehren. Jetzt klopft die von etlichen Boomjahren verwöhnte Stahlindustrie als Nächste an die Tür des künftigen US-Präsidenten Barack Obama. Die Bosse von Nucor und US Steel, den beiden größten US-Stahlkochern, setzen auf das für zwei Jahre anberaumte Infrastrukturpaket in Höhe von einer Billion Dollar (719 Mrd. Euro). Der Bau von Straßen, Brücken, Kraftwerken, Schulen, Spitälern und Wasseraufbereitungsanlagen und Bahnstrecken soll die Nachfrage nach Stahl, die durch die Wirtschaftskrise drastisch zurückgegangen ist, wieder ankurbeln.

Obwohl noch keine Details des Konjunkturpakets bekannt sind, scheint klar, dass die Stahlkocher Nutznießer sein dürften, da das Milliardenprogramm weniger auf Steuersenkungen denn auf Investitionen in die Infrastruktur abzielt.

Der Chef des Stahlriesen Nucor, Daniel DiMicco, ist dabei laut „New York Times“ nicht zimperlich: Die kommende Regierung müsse „die schlimmste Wirtschaftskrise der Gegenwart durch Stimulierungsmaßnahmen lösen, die in jeder Bestimmung eine ,Buy America‘-Klausel enthalten“, sagte er. Eine Forderung, die den WTO-Regeln eines freien Welthandels allerdings zuwiderlaufen würde.

China ruiniert die Preise

Nach etlichen Boomjahren ist die Stahlproduktion der US-Hütten seit September um knapp die Hälfte gesunken und liegt derzeit auf dem niedrigsten Stand seit rund 30 Jahren. Weltweit ist der Ausstoß laut Weltstahlverband um 19 Prozent gefallen. Im Gleichklang mit der sinkenden Nachfrage sind die Preise für Stahl gefallen – und die Aktienkurse der Produzenten haben kräftig Wert eingebüßt. Den Kursrutsch hat auch die österreichische Voestalpine gespürt, obwohl sie als Hersteller von Spezialstählen vom Preisverfall nicht so sehr betroffen ist. Die Voest-Aktie startete mit rund 50 Euro ins Jahr 2008, der Höchstkurs lag im Mai bei 55 Euro, um dann massiv an Wert zu verlieren. Am Freitag legte die Voest-Aktie um mehr als vier Prozent auf 15,70 Euro zu.

Den Stahlkochern in den USA und Europa macht aber nicht nur die Krise ihrer Hauptabnehmer Auto- und Bauindustrie, Werften und Maschinenbauer zu schaffen. Die Angst vor einer Exportflut aus China wächst. China ist nicht nur der größte Verbraucher von Stahl, das Land zählt inzwischen auch zu den großen Produzenten. Chinas Hütten haben ihren Ausstoß aber im November nur um 12,4 Prozent gedrosselt, schreibt das „Handelsblatt“. Das ist viel weniger als die Konkurrenz, die mit Kurzarbeit und vorübergehenden Werksschließungen die Überkapazitäten abzubauen versucht.

Sollte China den Markt mit billigem Stahl überschwemmen, droht nicht nur den unmittelbaren Nachbarn Japan, Südkorea sowie Indien, sondern auch den europäischen und US-Anbietern ein noch größerer Preisrutsch.

Auf einen Blick

Die US-Stahlindustrie setzt auf das eine Billion Dollar schwere Konjunkturpaket des neuen Präsidenten Barack Obama. Es soll große Infrastrukturprojekte wie den Bau von Straßen, Brücken und Kraftwerken enthalten. Damit soll die stark gefallene Nachfrage nach Stahl stimuliert werden. Gleichzeitig steigt die Angst vor Stahlexporten aus China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2009)

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