Edelmetalle: Silberstreif am Horizont

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THEMENBILD: ´SILBER´(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Silber gilt als „kleiner Bruder“ von Gold – aber dem liegen viele falsche Annahmen zugrunde. Als Rohstoff leidet Silber unter der schwachen Wirtschaft. Aber den Anlegern ist das egal.

Wien. Wer vom Gold spricht, der landet schnell beim Silber. Das gilt für Analysten genauso wie für Anleger. Dabei ist das ein schwerer Fehler. Beide Metalle müssen eigentlich vollkommen voneinander getrennt werden. Denn Gold lebt von seinem Ruf als „Krisenwährung“ und seiner bis heute bedeutenden Rolle im Geldsystem.

So halten die internationalen Zentralbanken insgesamt rund 30.000 der bisher geförderten 170.000 Tonnen Gold. Aber Silber? Das muss man heute wahrlich als Rohstoff beurteilen. Die Zentralbanken halten genau null Gramm Silber. Der Ruf des Silbers als „kleiner Bruder“ des Goldes stammt noch aus der Zeit, als Silber tatsächlich Geld war. Heute sollte es eher heißen „Silber und Kupfer“ statt „Silber und Gold“.

Rohstoff unter Druck

Das zeigt sich auch bei der Preisentwicklung. Während sich Gold nach dem Ende des großen Bullenmarktes seit drei Jahren in einem Kanal zwischen 1400 und 1200 Dollar pro Unze befindet, ist Silber seit Mitte dieses Jahres weiter abgestürzt. Hat es sich bis dahin noch rund um die 20-Dollar-Marke gehalten, ist es inzwischen bei 16,50 Dollar pro Unze angelangt.

Das untermauert auch das Argument, Silber als Rohstoff zu sehen. Nein, das Metall ist keinesfalls „von gestern“ – tausende Hightech-Produkte kommen ohne den Rohstoff Silber nicht aus. Daher auch der Preisverfall: Wie beim Öl fehlt die Nachfrage.

Die Wirtschaft schwächelt – und während Gold von den immer verrückteren Gelddruckexperimenten der Zentralbanken profitiert (die nicht zuletzt selbst auch Gold kaufen), befindet sich Silber gemeinsam mit der Realwirtschaft auf einem Abwärtskurs. Das wird sich auch nicht ändern, solange die Wirtschaftslage angespannt bleibt.

Das zeigen auch die Zahlen im neuen Silberreport von Thomson Reuters GFMS. Heuer soll die Gesamtnachfrage nach dem Metall von 1077 Tonnen im vergangenen Jahr auf 1004 Tonnen fallen – ein Rückgang um sieben Prozent. Der durchschnittliche Silberpreis wird bei 19Dollar pro Unze liegen – rund 20 Prozent unter dem Durchschnittspreis im vergangenen Jahr (23,80Dollar). Schuld für den Rückgang der Nachfrage sei in erster Linie die schwächere Industrie, so GFMS.

Anleger kaufen viel Silber

Aber – und das ist ein großes Aber – die treuen Silberkäufer scheint das alles nicht zu interessieren. Der Bedarf an Silber für Münzen und Barren (also für physisches Investmentsilber) ist von 191 auf 241 Tonnen gestiegen – also um 26 Prozent.

Das zeigen auch die Zahlen von den Münzverkäufen. Bei der Münze Österreich gehört der „Silber Philharmoniker“ seit Langem zu den Verkaufshits – obwohl man in Österreich und Deutschland sogar 20 Prozent Steuer darauf zahlen muss. Die US Mint allein wird heuer wohl mehr als 43 Millionen Unzen Silber verkaufen – und damit das Rekordjahr 2013, als 42,7 Millionen Unzen verkauft wurden, in den Schatten stellen. Allein im November hat die US Mint dank der günstigen Silberpreise fast 2,6 Millionen Unzen „Silver Eagle“ verkauft.

Es gibt also durchaus einen Silberstreif am Horizont für Silber: Die Anleger scheinen sich von den Argumenten gegen das Metall nicht abschrecken zu lassen. Und sollte die Wirtschaft wieder anziehen und der Industriebedarf steigen, könnte es auch mit dem Preis wieder bergauf gehen.

Was Sie beachten sollten bei... Silber

Tipp 1

Steuer. Anders als bei Gold fällt beim Kauf von physischem Silber (also Münzen oder Barren) Umsatzsteuer an. Auch für Platin oder Palladium muss man diese entrichten. Bis sich das Investment rechnet, muss eine gewisse Zeit vergehen. Zum Zocken sind Münzen völlig ungeeignet. Silber wird wie Gold übrigens in US-Dollar gehandelt.

Tipp 2

Volatil. Silber wird als der „kleine Bruder“ von Gold bezeichnet. Das Metall ist deutlich günstiger, dafür ist der Preis auch volatiler. Da Silber in der Industrie eingesetzt wird, kann sein Preis in Aufschwungphasen steigen. Er fällt jedoch auch, wenn die Nachfrage der Industrie verhalten bleibt. Gold ist hingegen in erster Linie eine Fluchtwährung.

Tipp 3

Papier. Wer Silber nicht in Form von Münzen kaufen will, kann sich entsprechende Wertpapiere zulegen. Infrage kommen da etwa börsengehandelte Indexfonds (ETFs), die teilweise mit Silber unterlegt sind. Eine Alternative sind natürlich auch Aktien von Silberminenkonzernen. Schwankungen sind auch hier programmiert.

Tipp 4

Verwechslung. Silber ist kein Gold. Verwechseln Sie die zwei Metalle nicht. Wenn Sie nach einer Absicherung ihres Portfolios gegen Währungsschwankungen und Inflation suchen, kann nur Gold infrage kommen. Auch wenn das oft vergessen wird: Anders als Silber ist Gold weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Geldsystems und wird von Zentralbanken gehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)

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