Schuldenverwalter der Republik droht 617 Mio. Spekulationsverlust

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Die Österreichische Bundes-Finanzierungsagentur, die die Schulden, die Finanzierung und die zentrale Kasse der Republik Österreich verwaltet, hat hochspekulativ veranlagt. Nun hat der Rechnungshof geprüft.

Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) hat bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 in großem Stil in Spekulationspapiere investiert. Aus den damaligen hochspekulativen Veranlagungen drohen dem Bund nach wie vor bis zu maximal 616,9 Mio. Euro Verlust. Das ist das Ergebnis des jüngsten Rechnungshofberichts zu den Finanzierungsinstrumenten der Gebietskörperschaften, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Bundesfinanzierungsagentur verwaltet die Schulden, die Finanzierung und die zentrale Kasse der Republik Österreich. Auch in den vom Rechnungshof (RH) bereits geprüften Bundesländern Salzburg, Burgenland, Kärnten und Tirol gab es risikoreiche Veranlagungen und teilweise Verluste.

Der RH bemängelt vor allem, dass Bundesfinanzierungsagentur "sowohl im Verhältnis zu ihren Kassamitteln als auch zum Weltmarkt sehr hohe Beträge in intransparente Wertpapiere, die von der US-Subprime-Krise besonders gefährdet waren, veranlagte". Bei bestimmten, besonders risikoreichen Wertpapieren, sogenannten SIV (Structured Investment Vehicles), hielt die ÖBFA im September 2007 mit 4,92 Mrd. Euro sogar 1,8 Prozent der am Weltmarkt vorhandenen Papiere.

Hälfte der Kassamittel in Spekulationen

Am Höhepunkt - im August 2007 - hatte der Bund 10,78 Mrd. Euro in Spekulationspapieren (ABCP, Asset backed Commercial Papers) veranlagt - fast die Hälfte der Kassamittel. Ende August 2007 begann die ÖBFA, aus den Risikopapieren auszusteigen bzw. über Umschichtungen zu verhandeln.

Der noch nicht realisierte Verlust aus der Abwertung wird vom RH mit 380 Mio. Euro (Stand Dezember 2008) beziffert. "Der tatsächlich eingetretene wirtschaftliche Schaden kann jedoch erst nach Ende der Laufzeit der im Zuge der Restrukturierung erworbenen Wertpapiere festgestellt werden", so die RH-Prüfer. Würden auch die neuen Risiko-Papiere während der Laufzeit notleidend, könnte der Verlust auf bis zu 616,9 Mio. Euro steigen.

Risiken falsch beurteilt


Alle kurzfristigen Veranlagungen des Bundes haben laut Bericht von 1998 bis 2008 insgesamt einen Nettoertrag von rund 685 Mio. Euro gebracht.
Gleichzeitig seien trotz der sich 2007 ausbreitenden Finanzkrise die Risiken nicht entsprechend analysiert und daher nicht rechtzeitig erkannt worden, kritisiert der Rechnungshof. "Dadurch war der Bund auch zu einer Zeit, als die Krise bereits in voller Ausbreitung begriffen war, in unvertretbar hohem Ausmaß in besonders gefährdeten ABCP (Asset Backed Commercial Papers) zur Refinanzierung von SIV veranlagt", so der RH.

Die ÖBFA und das Finanzministerium verweisen in ihren im RH-Bericht enthaltenen Stellungnahmen auf das ausgezeichnete Rating der Finanzprodukte. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Investitionsentscheidungen habe es nicht die geringste Veranlassung gegeben, den Ratings der auf Marktbeobachtung und Rating spezialisierten, weltweit tätigen Agenturen zu misstrauen, heißt es. Der ÖBFA sei es nicht möglich gewesen, "die globalen Auswirkungen der Finanzkrise eher vorauszusehen als die beiden größten Ratingagenturen".

Auch Erfolge


Immerhin brachten die Derivativgeschäfte dem Bund aber auch Vorteile, stellt der RH fest: Die Zinsbelastung des Bundes verringerte sich laut RH zwischen 2002 und 2007 um 3 Mrd. Euro, der Fremdwährungsanteil an der Finanzschuld verringert sich von 2005 bis 2007 um durchschnittlich 5 Prozentpunkte von mehr als zehn auf rund 5 Prozent.

Die Prüfung fand zwischen Oktober 2007 und Jänner 2008 statt und umfasst eigentlich den Zeitraum 2002 bis 2006, allerdings wurden auch "wesentliche Entwicklungen" der Jahre 2007 und 2008 berücksichtigt, heißt es in dem Bericht. Derzeit prüft der RH die übrigen Bundesländer, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg.

Pröll verteidigt Agentur

SPÖ, Sozialdemokratische Gewerkschafter und die Grünen sehen bei dem drohenden Riesenverlust der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) die Schuld bei der ÖVP.

Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) verteidigt die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur Die Agentur habe im Mai und Juni 2007 in damals von den Ratingagenturen als "hervorragend" bewertete Produkte investiert, sagte am Mittwoch Pröll bei der ÖVP-Klausur in Linz. Außerdem hofft er, dass der Verlust von bis zu 380 Millionen Euro nicht schlagend wird und die Kurse der Papiere wieder steigen: "Die Verluste sind bisher nicht realisiert."

(APA)

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