Die Politik hofft auf 300-Millionen-Euro-Investition des Konzerns in ein Edelstahlwerk in der Steiermark. Doch Voestalpine-Chef Eder sieht Vorzeichen als „nicht sehr ermutigend“.
Wien. Als die Voestalpine vor drei Jahren die größte Investition ihrer Firmengeschichte – 550 Millionen Euro – für den Bau einer Direktreduktionsanlage ausgerechnet in Texas in den USA ankündigte, war die Sorge in Österreich groß: Das könnte der erste Schritt für die Abwanderung des Stahlkonzerns sein.
Am Dienstag freilich bezeichnete Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) diese Investition in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ als „nicht nur kein Problem, sie ist eine internationale Selbstverständlichkeit“. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass der Konzern im steirischen Kapfenberg 250 bis 300 Mio. Euro in ein neues Edelstahlwerk investieren werde.
Doch diese Investition ist höchst unsicher, wie Voestalpine-Chef Wolfgang Eder am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien gemeint hat: „Die Politik macht Investitionen in Europa und Österreich im Moment nicht sehr attraktiv.“
Hohe Strompreise
Als „nicht sehr ermutigend“ für Kapfenberg nannte Eder etwa die jüngste Entscheidung der EU, den gemeinsamen Strommarkt Deutschland-Österreich aufzuheben. Nun müsse man von einer „zweistellige Erhöhung des Strompreises“ in Österreich ausgehen.
Die Frage, ob das teilweise mehr als 100 Jahre alte Edelstahlwerk der Böhler GmbH neu gebaut wird, ist für die Region von enormer Bedeutung. Aktuell sind etwa 2400 Menschen bei Böhler beschäftigt. Die Gespräche mit Gemeinde und Land Steiermark bezeichnete Eder als konstruktiv. Wesentlich sei aber, wie sich die Politik auf EU-Ebene entwickle. „Wir müssen eine Reihe von Entscheidungen abwarten.“ Etwa zum Emissionshandel und zur Klimapolitik. Das werde ausschlaggebend dafür sein, ob man in Kapfenberg investiert oder nicht. Eder sieht die Politik der Europäischen Union derzeit wenig freundlich gegenüber der Industrie.
Bis wann die Entscheidung fallen wird? Der Vorstandsvorsitzende nannte die zweite Jahreshälfte 2017. Einen Alternativstandort für Kapfenberg wollte er nicht nennen. Naheliegend wäre aber eine erneute Investition in den USA, wo die Energiepreise niedriger sind als in Europa und die Umweltauflagen weniger streng.
Dass der Bau der Direktreduktionsanlage in Corpus Christi im US-Bundesstaat Texas, die Ende Oktober in Betrieb ging, deutlich teurer war als öffentlich zugegeben, dementierte Eder. Eine Zeitung hatte von Kosten von 900 Mio. Euro berichtet, die Voestalpine hatte stets von 550 Mio. Euro gesprochen. Eder erklärte, man habe „gewisse Mehrkosten“ hinnehmen müssen – unter anderem wegen des schlechten Wetters und verteuerter Baumaterialien. Aber man habe die entstandenen Mehrkosten stets kommuniziert und nichts verheimlicht.
Eigentlicher Anlass der Pressekonferenz war die Präsentation der Halbjahresbilanz, die Eder wegen Quartals- und Halbjahreszahlen sowie wegen Einmaleffekten als „ziemlich verwirrend“ beschrieb. Jedenfalls musste der Konzern im ersten Halbjahr 2016/17 einen Gewinneinbruch hinnehmen. Das Ergebnis nach Steuern sank um 44,5 Prozent auf 233,7 Mio. Euro. Grund dafür seien „signifikant positive Einmaleffekte“ im Vergleichszeitraum des Vorjahres bzw. Konsolidierungsumstellungen. Daher seien die Ergebnisse nur bedingt vergleichbar. Rückläufig war auch der Umsatz, der sich gegenüber der Vorjahresperiode wegen des „deutlichen Abschwungs der Öl- und Gasindustrie“ um 6,5 Prozent von 5,79 auf 5,41 Mrd. Euro verringerte.
Aufwärtstrend im 2. Quartal
Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ging um 21 Prozent auf 704,9 Mio. Euro zurück, die Marge verschlechterte sich von 15,4 auf 13 Prozent.
Das zweite Quartal sei von einem „deutlichen Aufwärtstrend gekennzeichnet“, betonte Eder bei dem Pressegespräch. Das Ebitda habe sich gegenüber dem Vorquartal um 11,1 Prozent verbessert, das Ebit um 20,1 Prozent. Im Gesamtjahr 2016/17 (Ende März) soll das Betriebsergebnis (Ebit) annähernd auf Höhe des bereinigten Wertes des vergangenen Geschäftsjahres zu liegen kommen.
Halbjahresbilanz
Der Stahlkonzern hat im ersten Halbjahr 2016/17 einen Gewinneinbruch erlitten. Das Ergebnis nach Steuern sank um 44,5 Prozent auf 233,7 Mio. Euro. Grund dafür seien unter anderem signifikant positive Einmaleffekte im Vergleichszeitraum 2015/16. Daher seien die Ergebnisse nur bedingt vergleichbar.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2016)