Von Hitler bis 9/11: Wie Börsen auf große Krisen reagieren
Ob Brexit, Kriege oder Terroranschläge: In turbulenten Zeiten ist es für Anleger wichtig, kühlen Kopf zu bewahren.
30.12.2016 um 14:05
Der Brexit löste auf den europäischen Finanzmärkten zunächst Panik aus. Am 24. Juni 2016 erlitten die Börsen in Madrid und Mailand den größten Tagesverlust in ihrerGeschichte. Der deutsche DAX verlor knapp sieben Prozent an Wert. Auch die Londoner Börse gab deutlich nach. Doch bereits wenige Tage später holten die Märkte die Kursverluste auf. Das ist nichts Ungewöhnliches. Politische und andere bedeutungsvolle Ereignisse wie Terroranschläge bringen Anleger meist nur kurz aus der Fassung ... Text: Christian Höller
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Beim Attentat von Sarajewo wurde Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 ermordet. Das Ereignis hatte an den Börsen zunächst keine Auswirkungen. Das Attentat geschah an einem Sonntag. Am nächsten Tag verlor der Dow Jones 0,07 Prozent. Die Lage änderte sich am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien. Am 30. Juli brach der Dow Jones um 6,91 Prozent ein. Die New Yorker Börse wurde daraufhin bis Dezember 1914 geschlossen. Auch der Handel an den Börsen in Wien und Berlin wurde Ende Juli 1914 eingestellt. An der Wiener Börse konnte erst im März 1916 und an der Berliner Börse im November 1917 wieder gehandelt werden.
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Am 10. Mai 1940 begann der Westfeldzug. Damals überfiel die deutsche Wehrmacht die Benelux-Staaten und drang schnell nach Frankreich vor. Am 24. Juni besuchte Adolf Hitler das eroberte Paris. Der Einmarsch der Hitler-Truppen in Frankreich löste an den internationalen Börsen einenKurssturz aus. Am 9. Mai 1940 notierte der Dow Jones bei 148,17 Punkten. Ende Mai lag der Index bei 116,22 Punkten. In Deutschland spielte die Börse während der NS-Zeit eine unbedeutende Rolle. 1943 wurde die Börse in Berlin geschlossen.
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Am Morgen des 7. Dezembers 1941 bombardierten japanische Kampfflugzeuge den US-Marinestützpunkt auf Pearl Harbor. Das Ereignis gilt als wichtiger Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Am 8. Dezember 1941 erklärten die Vereinigten Staaten dem japanischen Kaiserreich den Krieg. Doch anders als beim Hitler-Einmarsch in Frankreich im Jahr 1940 blieb diesmal der große Schock an den internationalen Börsen aus. Der 7. Dezember 1941 war ein Sonntag, daher hatte die New Yorker Börse geschlossen. Am 8. Dezember 1941 verlor der Dow Jones 2,92 Prozent an Wert.
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Der 6. August 1945 ging in die Geschichte der Menschheit ein. Zum ersten Mal wurde eine Atombombe über bewohntes Gebiet abgeworfen. Die erste Bombe explodierte in Hiroshima. Drei Tage später traf es Nagasaki. Mehr als 100.000 Menschen wurden bei den nuklearen Katastrophen sofort getötet, viele weitere starben an den Folgen. Die amerikanischen Börsen reagierten mit dem Plus auf das tragische Ereignis. Am 6. August legte der Dow Jones um 0,08 Prozent zu. Am 9. August wurde ein Kursplus von 1,68 Prozent verzeichnet. Die Börse in Tokio wurde nach der Bombardierung von Nagasaki im August 1945 geschlossen und erst Jahre später wieder eröffnet.
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Am 25. Juni 1950 überschritt die nordkoreanische Volksarmee die südkoreanische Grenze. Die Nordkoreaner griffen gleich am ersten Tag einen US-Luftwaffenstützpunkt an. Daraufhin verlegte US-Präsident Harry S. Truman weitere US-Truppen nach Südkorea. Der Koreakrieg sorgte auf der ganzen Welt für Unruhe. Nicht wenige befürchteten den Ausbruch des Dritten Weltkriegs. Auch an den Börsen herrschte zunächst Panik. Im Juni 1950 notierte der Dow Jones bei 228,30 Punkten. Nach Ausbruch des Krieges zwischen Nord- und Südkorea ging der Index im Juli 1950 auf 197 Punkte zurück. Doch die Aufregung an der New Yorker Börse dauerte nur kurz. Zu Jahresende 1950 stand der Dow Jones schon wieder bei 235,40 Punkten.
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1962 hielt die Welt erneut den Atem an. Am 22. Oktober 1962 verlangte US-Präsident John F. Kennedy den Abzug von sowjetischen Raketen auf Kuba. Er kündigte gleichzeitig den Beginn einer Seeblockade an. Am 23. Oktober erklärte der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow, er akzeptiere die Blockade nicht. In den nächsten Tagen spitzte sich die Krise zu. Kennedy drohte mit dem Einsatz von Atomwaffen. Doch an den internationalen Börsen blieb es relativ ruhig. Am 22. Oktober 1962 verlor der Dow Jones 0,82 Prozent an Wert, am nächsten Tag gab es ein Minus von 1,85 Prozent. Doch schon am 24. Oktober legte der Index um 3,34 Prozent zu.
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Es sind nur wenige Sekunden, die sich bis heute in das Gedächtnis der Welt eingeprägt haben: Am 22. November 1963 fuhr der US-Präsident John F. Kennedy mit seiner Frau Jackie durch Dallas. Der Politiker wollte sich besonders volksnah zeigen und winkte im offenen Wagen den Menschen zu. Gegen 12.30 brach er plötzlich blutend zusammen. Er wurde von Gewehrschüssen tödlich getroffen. Für viele Amerikaner war das ein Schock. Doch die US-Börsen reagierten relativ gelassen. Der Dow Jones verlor am Freitag, dem 22. November 1963, 2,89 Prozent an Wert. Am Montag, dem 25. November, legte der Index um 4,5 Prozent zu. Bis heute halten sich Verschwörungstheorien über den Kennedy-Mord.
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Der Jom-Kippur-Krieg, der im Oktober 1973 von mehreren arabischen Staaten gegen Israel geführt wurde, dauerte nicht lang. Doch er löste die erste große weltweite Ölpreiskrise aus. Die Opec-Länder beschlossen, weniger Öl zu fördern. Sie taten das als Rache, weil die westlichen Länder Israel unterstützten. Vorübergehend stieg der Ölpreis um 70 Prozent. Die Ölpreiskrise hatte dramatische Auswirkungen auf die Weltbörsen. Im Oktober 1973 lag der Dow Jones bei 987,06 Punkten. Doch dann ergriffen viele Investoren die Flucht. Bis Juni 1974 fiel der Index auf 577,40 Punkte. Doch schon im Frühjahr 1976 hatte der Dow Jones wieder das Niveau von vor der Krise erreicht.
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Der Zweite Golfkrieg begann am 2. August 1990 mit dem Angriff des Iraks auf Kuwait. Tausende westliche Touristen wurden als Geiseln genommen. Am 17. Jänner 1991 leitete die antiirakische Allianz unter Führung der USA die Operation Wüstensturm ein. Das Ziel, Kuwait zu befreien, wurde schnellerreicht. Der Einmarsch des Irak in Kuwait löste an der New Yorker Börse einen Kurssturz aus. Doch schon im Frühjahr 1991 hatte sich die Börse erholt.
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Als Terroristen mit entführten Flugzeugen am 11. September 2001 die beiden Türme des World Trade Centers in New York zum Einsturz brachten, reagierten viele Investoren entsetzt. Einige Börsen vermeldeten den größten Punkteverlust in der Geschichte. Der New Yorker Aktienmarkt blieb nach dem Anschlag vier Handelstage geschlossen. Am ersten Tag nach der Pause gab der Dow Jones um mehr als sieben Prozent nach. Auch in den darauffolgenden Tagen war die Verunsicherung groß. Doch schon bald ging es wieder aufwärts. Der deutsche Aktienindex DAX verlor am 11. September 2001 mehr als acht Prozent an Wert. Nach einer Bombendrohung musste an diesem Tag der Handel an der Frankfurter Börse vorzeitig beendet werden.
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Laut einer Studie der Credit Suisse, die den Zeitraum von 1914 bis 2001 umfasst, führen die meisten bedeutenden geopolitischen Ereignisse zu Schwankungen von zehn Prozent oder weniger auf den wichtigen Aktienmärkten. Allerdings wird dieser Effekt üblicherweise innerhalb eines Monats wieder vollständig aufgehoben. Als die US-Börsen etwa dem Terroranschlag vom 11. September 2001 wieder öffneten, fielen sie um knapp über zehn Prozent. Diese Verluste wurden in etwas mehr als einem Monat wettgemacht.
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Credit Suisse zufolge gab es nur drei geopolitische Ereignisse, die an den Börsen deutlich schlimmere Auswirkungen hatten: der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, den Einmarsch der Hitler-Truppen in Frankreich und um den Jom-Kippur-Krieg. Diese Ereignisse führten auf dem US-Aktienmarkt zu Einbrüchen von bis zu 40 Prozent. "Doch selbst in diesen Fällen konnten die Rückgänge innerhalb von ein bis drei Jahren wieder vollständig wettgemacht werden", schreiben die Experten.
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Für Anleger war es bei diesen geopolitisch bedeutungsvollen Ereignissen wichtig, mit ihrem Investment auf der "richtigen Seite" zu stehen, so die Credit Suisse. Schließlich sei es oft zu "einer völligen Neuordnung der Machtverhältnisse" gekommen. Apropos: Wie sieht es derzeit aus? Credit Suisse hält gegenwärtig den schrittweisen relativen Abstieg der USA für die möglicherweise größte langfristige geopolitische Veränderung.
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