„China könnte sich als Freihandels-Champion positionieren“

A man works in the Tianye Tolian Heavy Industry Co. factory in Qinhuangdao
A man works in the Tianye Tolian Heavy Industry Co. factory in Qinhuangdao(c) REUTERS (THOMAS PETER)
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Mexikanische Bankenaktien sind günstig bewertet, sagt Amundi-Experte Barthelemy Roux. China könnte von einem TPP-Ende profitieren.

Die Presse: Die Nachwehen des Wahlsieges von Donald Trump bekam Mexikos Finanzplatz besonders heftig zu spüren. Starke Kursverluste beim Mexikanischen Peso, aber auch bei den Aktien waren die Folge. War die Angst nicht überzogen?

Barthelemy Roux: Der Abverkauf war auf jeden Fall übertrieben, aber die erste Schockreaktion auf Trumps Wahlsieg sollte in den aktuellen Kursniveaus voll eingepreist sein. Trump hat sich während der Wahlkampfphase immer sehr offen für den Bau einer Mauer zu Mexiko ausgesprochen. Auch will er offenbar Arbeitsplätze unter anderem aus Mexiko zurück in die USA verlagern, insbesondere aus der Automobil- und Erzeugerindustrie.

Der Equity Emerging World Fund von Amundi war bereits vor dem Abverkauf in mexikanische Aktien investiert, etwa beim Tortillahersteller Gruma oder dem Bierbrauer Femsa. Wie schätzen Sie derzeit die Lage ein?

Schon jetzt rudert Trump bei einigen Aussagen zurück, wobei man nur abwarten kann, was von den Ankündigungen letztendlich umgesetzt wird. Wir haben bei einigen Titeln zugekauft, uns gefallen auch mexikanische Bankenwerte. Sie sind im Vergleich zu anderen Gesellschaften, die vom Binnenmarkt profitieren, besonders günstig bewertet. Zudem nimmt die Kreditvergabe allmählich wieder zu.

Gab es auch Gewinner in den Schwellenländern?

Russland profitiert von einer Annäherung Trumps, er sprach sich für eine Aufhebung der Sanktionen aus, die 2014 im Zuge der Ukraine-Krise verhängt wurden. Die Wirtschaft hat sich aber ohnediesschon ein gutes Stück erholt. Aufgrund der Sanktionen und des Ölpreissturzes wurden stringente Maßnahmen umgesetzt, wie das Einfrieren von Beamtengehältern. Der gesunkene Rubel half dem Exportsektor. Auch der Ölpreis hat sich heuer erholt, Russland ist immerhin der weltweit drittgrößte Ölproduzent.

Und jetzt wurde gemeinsam mit der Opec eine Förderkürzung beschlossen. Sind russische Ölaktien wieder interessant?

Von der wirtschaftlichen Erholung profitiert nicht nur die Ölbranche, sondern auch der Bankensektor. Viele Banken haben ausgeprägte Geschäftsbeziehungen mit Russlands Öl- und Minensektor, da sind steigende Rohstoffpreise eine willkommene Stütze. Auch hier legen zudem die Kreditvergabe und das Konsumentenvertrauen zu. Wir haben fast die Hälfte unserer Russlandposition im Bankensektor, wie zum Beispiel Sberbank, investiert.

Auch im Fernen Osten könnten sich spannende Entwicklungen abzeichnen. Trump möchte das pazifische Freihandelsabkommen TPP aufkündigen. Davon müsste China doch profitieren?

China streckt schon jetzt seine Fühler in der Region aus, jüngst etwa nach Malaysia und den Philippinen, zumal das Land in das TPP-Abkommen nicht mitaufgenommen wurde. Als Mitglied des Abkommens hätte China dann einen Anteil am Welthandel von gut 40 Prozent. Eine Aufkündigung des Abkommens wäre eine große Chance für China, sich als neuer Freihandels-Champion in der Region zu positionieren.

Im Fonds sind vor allem Technologiewerte wie China Mobile, der Internetkonzern Tencent und die Suchmaschine Baidu im Fokus. Was steckt dahinter?

Vor allem in Asien wachsen die Internetanschlüsse kräftig, und zwar über mobile Endgeräte. Davon profitieren Mobilfunk- und Internetanbieter. Zudem gehen immer mehr Chinesen lieber im Netz als in reale Geschäfte einkaufen. Allein in den vergangenen zwölf Monaten ist der Onlinehandel um gut 40 Prozent gewachsen, der herkömmliche Handel legte hingegen um acht Prozent zu.

Das Jahr 2017 naht. Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie?

Die Jahre 2011 bis 2015 waren für die Regionen eine schwierige Zeit. Vor allem die Dollarstärke und die Preisschwäche bei Rohstoffen belasteten. Heuer hat sich die Stimmung aber stark aufgehellt, und Anleger steigen allmählich wieder ein. Insgesamt dürfte das BIP in den Schwellenländern bei 4,1 Prozent liegen, jenes in den entwickelten Märkten bei 1,6 Prozent.

ZUR PERSON

Barthelemy Roux
beschäftigt sich als Investment Specialist bei Amundi seit gut zwei Jahren mit den Schwellenländern. Davor war Roux als Risikomanager für zahlreiche Aktienfonds zuständig. Seine Karriere startete der Betriebswirt als Analyst bei der Société Générale. [ Amundi ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2016)

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