Deutscher Leitindex Dax steigt auf mehr als 11.000 Punkte

Die EZB-Sitzung ist die letzte große Hürde.
Die EZB-Sitzung ist die letzte große Hürde.REUTERS/Staff/Remote
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Börsianer hoffen nun auf eine Jahresendrally. Der Dax ist aber nach monatelangem Schwächeln noch meilenweit von seinen historischen Höhen entfernt.

Der deutsche Leitindex DAX hat ein paar Monate Anlauf gebraucht, bevor ihm jetzt endlich der Sprung über die Hürde von 11.000 Punkten geglückt ist. Auf jedes kleine Plus folgte seit dem Sommer gleich wieder ein Minus.

So schwankte der DAX richtungslos zwischen 10.200 und 10.800 Punkten. Doch mit der Überwindung der runden Marke glauben Börsianer nun vermehrt daran, dass die Lethargie der vergangenen Monate ein Ende gefunden hat. Trotz aller politischen Stolperfallen könnte eine Jahresendrally heuer doch noch stattfinden. Börsianer bezeichnen damit stark steigende Kurse kurz vorm Jahreswechsel.

Neben den schon lange geltenden Argumenten einer hohen Liquidität und eines Mangels an Alternativen bei der Geldanlage sehen Börsianer auch Nachholbedarf gegenüber den US-Börsen. Während der weltweit bekannteste Index Dow Jones Industrial in New York seit Jahresbeginn um mehr als 12 Prozent gestiegen ist und zuletzt von Rekord zu Rekord eilte, ist der DAX von seinen historischen Höhen bei 12.390 Punkten noch meilenweit entfernt. Bis jetzt hat der deutsche Leitindex seit Jahresbeginn nicht einmal 3 Prozent an Wert gewonnen, weshalb er laut Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar seine langfristige Durchschnittsrendite von knapp 9 Prozent pro Jahr momentan klar verfehlen dürfte.

"Mehr Treibstoff im Tank"

"Was Aktien auch einen Schub gibt, ist die Vorstellung, dass einer Weihnachts- oder Jahresendrally eigentlich nur noch wenig im Weg steht", sagt Marktbeobachter Markus Huber vom Broker City of London Markets. Die am Donnerstagnachmittag anstehende Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sei eigentlich die letzte große Hürde. Hierbei gehen die Börsianer davon aus, dass die Notenbanker ihr gigantisches Wertpapier-Kaufprogramm verlängern und den Markt weiter mit Milliarden fluten werden. Umgekehrt gelte eine Zinserhöhung der US-Notenbank Fed in der kommenden Woche am Markt eigentlich schon als ausgemacht und sollte die Anleger nach Ansicht von Huber deshalb nicht mehr verunsichern. Steigende Zinsen machen Anleihen und auch Sparkonten wieder attraktiver gegenüber Aktien.

Auch Robert Halver glaubt, dass die Jahresendrally bereits am Laufen ist. "Konjunkturell fahren wir deutlich schneller. Es gibt mehr Treibstoff im Tank", sagt der Marktanalyst der Baader Bank. Auch er zeigte sich überzeugt, dass die Europäische Zentralbank den Markt vorerst weiter mit billigem Geld fluten wird. Wegen der lockeren geldpolitischen Zügel verglich Halver den EZB-Chef Mario Draghi mit dem Geschenke verteilenden Weihnachtsmann. "Er lässt vor einem ereignisreichen Jahr 2017 nichts anbrennen", sagt der Baader-Experte mit Blick auf wichtige politische Ereignisse, die im kommenden Jahr anstehen - darunter die Wahlen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden.

In puncto Charttechnik hat der DAX den Weg für eine mögliche Jahresendrally bereits frei gemacht, sind die Experten überzeugt. Bei der Charttechnik werden historische Kursverläufe angeschaut, um wiederkehrende Muster zu finden und damit Aussagen für die Zukunft zu treffen. "Die technische Lage hat sich verändert", sagt Analyst Christoph Geyer von der Commerzbank mit Blick darauf, dass der DAX nach dem Italien-Referendum ein neues Jahreshoch markieren konnte und erstmals seit Monaten nicht an der Hürde von 10.800 Punkten abgeprallt war. Mit diesem sogenannten Ausbruch sei ein Kaufsignal ausgelöst worden. "Damit hat sich deutliches Aufwärtspotenzial eröffnet", sagt der Charttechnik-Experte.

Jahresendrally keine Selbstverständlichkeit

Geyer warnte aber davor, dass es sich um ein Fehlsignal handeln könne - denn eigentlich sei es für eine Kaufwelle zum Jahresende zu früh. Wie er beobachtete, entwickelt sich der Markt Mitte Dezember nämlich üblicherweise eher zögerlich, bevor die Rally dann zu Weihnachten hin richtig Fahrt aufnimmt.

Doch wie häufig kommt eine Jahresendrally überhaupt vor? "Statistisch gesehen legt der Markt im Dezember in vier von fünf Fällen zu", sagen die Experten des Börsenstatistik-Magazins Index-Radar. Seit der Jahrtausendwende hat der DAX im Dezember im Schnitt um fast 3 Prozent zugelegt und damit einen guten Teil seiner Jahresgewinne eingefahren.

Heuer wäre eine Jahresendrally aber keine Selbstverständlichkeit. Denn schließlich haben die Aktienmärkte ein aufreibendes Jahr hinter sich. Sorgen um die Wirtschaft des wichtigen Handelspartners China und später die Eurokrise hatten den DAX bis unter 8.700 Punkte gedrückt. Doch das Brexit-Votum der Briten, die Trump-Wahl in den USA und die zuletzt gescheiterte Verfassungsreform in Italien haben es aber einmal mehr bewiesen, dass politische Börsen kurze Beine haben. Will sagen: Politische Geschehnisse bringen die Börsen nur kurz aus dem Tritt. Auch wenn es zunächst kräftig bergab ging, erholten sich die Kurse zuletzt binnen Minuten.

(APA/dpa)

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